Fast ein Fünftel der deutschen Unternehmen planen Stellenabbau

Nach der monatlichen Konjunkturumfrage des ifo-Instituts vom April wollen 18 Prozent der deutschen Unternehmen Mitarbeiter entlassen oder befristete Verträge nicht verlängern.

Trotz erster Lockerungen wird die Corona-Pandemie insbesondere auf dem Arbeitsmarkt deutliche Spuren hinterlassen. Umstrukturierungen und Entlassungen werden unvermeidlich sein. Teilweise werden nur kleine Anpassungen notwendig sein, teilweise wird aber auch ein erheblicher Teil der Belegschaft entlassen werden müssen.

Da bereits ab fünf Entlassungen – abhängig von der Betriebsgröße – eine sogenannte „Massenentlassung“ gegeben sein kann, empfiehlt es sich, die rechtlichen Anforderungen schon in einem frühen Stadium der Planung zu berücksichtigen, um die Gefahr unwirksamer Kündigungen umschiffen zu können.

Maßgebliche Vorschriften sind § 17 KSchG und die Massenentlassungs-RL 98/59/EG („MERL“).

 

Massenentlassung

Ein Massenentlassungsverfahren ist nur durchzuführen, wenn in einem Betrieb ein bestimmter Anteil an Arbeitnehmern entlassen wird.

Der Schwellenwert des § 17 Abs. 1 KSchG ist abhängig von der Anzahl der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer.

Zu den Arbeitnehmern gehören neben den Vollzeitkräften auch Teilzeitbeschäftigte, geringfügig Beschäftigte und Auszubildende. Nach einer Grundsatzentscheidung des EUGH ist sogar der Fremdgeschäftsführer Arbeitnehmer i.S.d. „MERL“. Noch nicht abschließend geklärt ist hingegen, ob auch Leiharbeitnehmer zu berücksichtigen sind.

Bei Überschreiten der entsprechenden Schwellenwerte, gelten die Anforderungen des § 17 KSchG für sämtliche Entlassungen, sofern diese in einem Zeitraum von 30 Tagen erfolgen.

Dabei zählen nicht nur Kündigungen durch den Arbeitgeber zu den Entlassungen, sondern auch Änderungskündigungen, Aufhebungsverträge und Eigenkündigungen, soweit diese vom Arbeitgeber veranlasst sind.

 

Konsultationsverfahren, § 17 Abs. 2 KSchG

Unterfällt eine Maßnahme dem § 17 I KschG, hat der Betriebsrat – soweit vorhanden – ein Mitwirkungsrecht. Der Arbeitgeber hat ihm rechtzeitig die maßgeblichen Auskünfte zu erteilen und ihn zu unterrichten. Über die Entlassungsmaßnahme soll hinsichtlich Vermeidbarkeit, Einschränkung oder Abmilderung der Folgen beraten werden.

 

Anzeigeverfahren, § 17 Abs. 3 KSchG

Der Arbeitgeber muss im Anschluss an die vorherigen Schritte bei der zuständigen Agentur für Arbeit schriftlich unter Beifügung der Stellungnahme des Betriebsrats einen Antrag stellen. Nur die Anzeige bei der zuständigen Agentur stellt eine wirksame Anzeige dar.

Die Anzeige muss vor dem Ausspruch der Kündigungen zumindest formwirksam und inhaltlich richtig bei der Agentur für Arbeit eingegangen sein. Zu den Pflichtangaben zählen insbesondere die Angabe der Gründe für die geplanten Entlassungen, die Zahl und Berufsgruppen der zu Entlassenden und der „in der Regel“ beschäftigten Arbeitnehmer sowie die Kriterien der Sozialauswahl.

 

Worauf Arbeitgeber und Arbeitnehmer achten sollten

Im Rahmen der Ausführung der Schritte können viele Stolpersteine, insbesondere in Form von Sonderfällen, den Weg pflastern. Schon kleine Fehler können zur Unwirksamkeit aller Kündigungen führen. Dies macht es für Arbeitgeber erforderlich, sich detailliert mit den gesetzlichen Bestimmungen und den von der Rechtsprechung entwickelten Vorgaben auseinander zu setzen. Für Arbeitnehmer hingegen ist es in einem Kündigungsschutzprozess essenziell, Fehler des Arbeitgebers im Massenentlassungsanzeigeverfahren aufzuzeigen.

 

Weitere Informationen

Frau Dorothea Burkard ist Rechtsanwältin bei Bendel & Partner an unserem Standort Schweinfurt. Frau Burkard berät insbesondere zum individuellen Arbeitsrecht und kollegialen Arbeitsrecht.

Artikel von:

Dorothea Schäff
11.05.2020

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