Am 09.03.2021 entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) über die Frage eines deutschen und eines slowenischen Gerichts, inwiefern Bereitschaftszeit in Form von Rufbereitschaft als Arbeitszeit oder als Ruhezeit im Sinne der Richtlinie 2003/88 einzuordnen sei.
Der EuGH erklärte, dass die Bereitschaftszeit entweder als Arbeitszeit oder als Ruhezeit einzustufen sei, sich die beiden Begriffe aber gegenseitig ausschließen würden. Arbeitszeit liege demnach immer vor, wenn der Arbeitnehmer sich an seinem Arbeitsplatz befinden muss, der nicht mit seiner Wohnung identisch ist. Hingegen handele es sich nicht immer zwangsläufig um Ruhezeit, wenn der Arbeitnehmer gerade nicht für den Arbeitgeber tätig ist.
Nach Ansicht des EuGH könne Bereitschaftszeit in Form von Rufbereitschaft dann als Arbeitszeit angesehen werden, wenn der Arbeitnehmer während der Rufbereitschaft objektiv ganz erheblich darin beeinträchtigt ist, sich seinen eigenen Interessen zu widmen.
Ob eine Beeinträchtigung in der Ausübung der Freizeit vorliegt, beurteile sich nach den nationalen Rechtsvorschriften, den geltenden Tarifverträgen und Vorgaben des Arbeitgebers und sei im Rahmen einer Gesamtwürdigung des Einzelfalls durch die nationalen Gerichte vorzunehmen.
Nur wenn eine Beeinträchtigung verneint werden kann, sei nur die Zeit als Arbeitszeit zu werten, in der von der Rufbereitschaft tatsächlich Gebrauch gemacht wird und die Bereitschaftszeit tatsächlich mit der erbrachten Arbeitsleistung verbunden ist.
Die Frage der Vergütung von Bereitschaftszeiten sei unabhängig von der Einordnung als Arbeitszeit oder Ruhezeit, da sich dies nach den nationalen Rechtsvorschriften, Tarifverträgen oder Entscheidungen des Arbeitgebers richte.
Gerne übernehmen wir für Sie eine erste Einschätzung zur Einordnung von Bereitschaftszeiten.
Frau Dorothea Burkard ist Rechtsanwältin bei Bendel & Partner an unserem Standort Schweinfurt. Frau Burkard berät insbesondere zum individuellen Arbeitsrecht und kollektiven Arbeitsrecht.