Je nach dem, welchem Zivilsenat des BGH man diese Frage stellt, fällt die Antwort unterschiedlich aus. Denn zuletzt waren sich der V. Zivilsenat, der für das Kaufrecht zuständig ist und der für das Werkvertragsrecht zuständige VII. Zivilsenat nicht einig, wie diese Frage zu beantworten ist.
Dies hatte vor allem damit zu tun, dass der VII. Zivilsenat mit seinem Urteil vom 22.02.2018 (Az. VII ZR 46/17) seine jahrzehntelange Rechtsprechung zu dieser Frage aufgegeben hat. Bis zu diesem Urteil war es im Baurecht wie auch im Kaufrecht allgemein anerkannt, dass Schadenersatz statt der Leistung auf Basis der sogenannten fiktiven Mangelbeseitigungskosten zugesprochen werden kann. Dies bedeutet, dass dem Geschädigte so viel zuzugestehen war, wie für die Beseitigung eines Mangels voraussichtlich zu bezahlen wäre und zwar unabhängig davon, ob der Mangel tatsächlich beseitigt wird.
Diese Linie hat der VII. Zivilsenat des BGH seit 2018 jedoch aufgegeben. Seitdem können im Rahmen des Schadensersatzes statt der Leistung nur noch die Kosten durchgesetzt werden, die auch tatsächlich im Rahmen der Mangelbeseitigung angefallen sind.
Damit soll verhindert werden, dass einem Geschädigten, der zwar einen Mangel rügt, diesen dann aber tatsächlich nicht beseitigt, ein über den tatsächlichen Schaden hinausgehender Schadensersatz zugesprochen wird.
Seit dieser Entscheidung wurde diskutiert, ob damit die Schadensberechnung anhand fiktiver Mangelbeseitigungskosten zukünftig nicht nur im Werkvertragsrecht, sondern etwa auch bei kaufvertraglichen Sachverhalten nicht mehr anzuwenden sei.
Nach dem Urteil des V. Zivilsenates vom 12.03.2021 (Az. V ZR 33/19) herrscht nun Klarheit.
Da dieser weiterhin von der bisherigen Rechtsauffassung überzeugt war, der VII. Zivilsenat auf Nachfrage aber mitteilte, aufgrund der für das Werkvertragsrecht typischen Risikoverteilung an seiner neuen Rechtsprechung festhalten zu wollen, hatte der V. Zivilsenat vor seiner Entscheidung erwogen, den Großen Senat für Zivilsachen anzurufen, damit eine einheitliche Linie in dieser Frage gefunden wird.
Mit seiner Entscheidung vom 12.03.2021 hat der V. Zivilsenat sich nun jedoch dazu entschlossen, keine Anfrage beim Großen Senat zu stellen. Vielmehr sei die unterschiedliche Behandlung dieser Frage im Kauf- und Werkvertragsrecht u.a. damit zu begründen, dass es im Kaufvertragsrecht, im Gegensatz zum Werkvertragsrecht, keinen Vorschussanspruch gibt. Dem Geschädigten Käufer soll es aber nicht zugemutet werden, die Mangelbeseitigung vorzufinanzieren.
Die Beantwortung der Frage, ob der Schadensersatz statt der Leistung auch weiterhin anhand der fiktiven Mangelbeseitigungskosten berechnet werden kann, hängt damit davon ab, ob ein Werkvertrag oder ein Kaufvertrag in Rede steht.
Rund um die Immobilie wirken sich die unterschiedlichen Auffassungen der Zivilsenates wie folgt aus:
Wird eine gebrauchte Immobilie veräußert, wobei der Verkäufer noch eine untergeordnete werkvertragliche Verpflichtung übernimmt, diese aber nicht erfüllt, kann der Käufer den ihm zustehenden Schadensersatz weiterhin anhand der fiktiven Mängelbeseitigungskosten berechnen. Dies gilt nach wie vor ungeachtet der Frage, ob der vorhandene Mangel auch tatsächlich beseitigt wird.
Wird hingegen eine neu zu errichtende oder umzubauende Immobilien erworben, bzw. stehen sonstige werkvertragliche Verpflichtungen in Frage, ist die Schadensberechnung anhand fiktiver Mangelbeseitigungskosten ausgeschlossen. Dem Geschädigten ist es daher verwehrt, einen gerügten Mangel zu dulden, aber dennoch die Kosten für die tatsächlich nicht durchgeführte Schadensbeseitigung zu verlangen.
Herr Johannes Hofmann ist Rechtsanwalt bei Bendel & Partner an unserem Standort Würzburg. Als Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht berät er in allen Fragestellungen zum Privaten Baurecht sowie zum Architektenrecht und Ingenieurrecht. Der Schwerpunkt seiner Tätigkeit liegt dabei im Bauträgerrecht und Maklerrecht. Daneben berät Herr Hofmann auch im Vereinsrecht.