Neues Jahr – neues Kaufrecht

Zu Beginn des Jahres 2022 sind zahlreiche Änderungen im Kaufrecht in Kraft getreten, die insbesondere den sogenannten Verbrauchsgüterkauf, also der Verkauf von Waren durch einen Unternehmer an einen Verbraucher betreffen. Hierbei handelt es sich um die weitreichendsten Änderungen seit Jahren.

Hintergrund der Änderungen ist zum einen die Umsetzung der europäischen Warenkaufrichtlinie in deutsches Recht, die die bisher geltende Verbrauchsgüterkaufrichtlinie ablöst. Weitere Änderungen sind auf die Umsetzung der europäischen Digitale-Inhalte-Richtlinie zurückzuführen.

 

Neuer Sachmangelbegriff

 

Überarbeitet wurde unter anderem der Sachmangelbegriff, der bisher von einem Vorrang subjektiver Vereinbarungen gekennzeichnet war und objektive Gesichtspunkte nur berücksichtigte, sofern keine subjektiven Absprachen getroffen wurden. Nunmehr reicht es für die Mangelfreiheit nicht mehr aus, wenn die Sache der vereinbarten Beschaffenheit entspricht. Vielmehr muss diese auch den objektiven Anforderungen und den Montageanforderungen genügen.

Eine Sache kann also auch mangelhaft sein, obwohl sie die vertraglich vereinbarte Beschaffenheit hat, wenn sie nicht den branchenüblichen Anforderungen entspricht. Dies gilt für alle Kaufverträge, nicht nur im Unternehmer-Verbraucher-Verhältnis (B2C).

 

Wichtige Änderungen im Bereich des Verbrauchsgüterkaufs

 

Besonders bedeutsam im Recht des Verbrauchsgüterkaufs ist die Erweiterung der Beweislastumkehr für das Vorliegen eines Sachmangels zum Zeitpunkt des sogenannten Gefahrübergangs (in der Regel die Übergabe der Ware) auf einen Zeitraum von einem Jahr. Bisher galt hier eine Beweislastumkehr für einen Zeitraum von lediglich sechs Monaten. Diese Erweiterung ist deswegen von hoher Bedeutung, da gerade der Nachweis des Zeitpunkts des Vorliegens eines Sachmangels in der Praxis enorme Schwierigkeiten bereitet.  Die Verlängerung des Zeitraumes führt nun dazu, dass der Verbraucher nicht mehr bereits nach Ablauf von sechs Monaten befürchten muss, aufgrund von Beweisschwierigkeiten seine Rechte nicht in Anspruch nehmen zu können.

Eine weitere bedeutsame Änderung betrifft sogenannte negative Beschaffenheitsvereinbarungen. Dies betrifft Vereinbarungen über eine von der Norm abweichende Beschaffenheit einer Sache, z.B. sogenannte B-Ware. Diese sind im Unternehmer-Verbraucher-Verhältnis nun nicht mehr durch AGB, konkludent oder Ankreuzen möglich, sondern müssen gesondert vereinbart werden.

Auch die Voraussetzungen für die Geltendmachung von Schadensersatz und Rücktritt sowie die Verjährungsfristen für Mängelansprüche wurden geändert.

 

Neuer Vertragstyp: Verbrauchervertrag über digitale Produkte

 

Seit Januar 2022 hat auch ein gänzlich neuer Abschnitt zum Verbraucherkaufvertrag über digitale Produkte seinen Weg ins BGB gefunden. Digitale Produkte unterliegen nun einem eigenen Regelungsregime und werden aus dem bisherigen Kaufrecht ausgegliedert. Darunter fällt etwa der Verkauf von Smartphones oder Tablets, Smartwatches und smarte Fernseher, aber auch digitalen Waren, die auf einem Datenträger verkauft werden. Insbesondere sind diesbezüglich die Aktualisierungspflichten beachtlich, die die Haftung über den Zeitraum der Übergabe hinaus erweitern. Wie lange eine solche Aktualisierungspflicht besteht, ist nur allgemein geregelt und wird im Einzelfall von der Rechtsprechung festzulegen sein.

Ebenfalls Einzug in das BGB erhalten Vorschriften zu Verbraucherverträgen über Waren mit digitalen Elementen. Darunter versteht man Waren, die auf digitale Elemente angewiesen sind, damit sie richtig funktionieren, wie beispielsweise Navigationssysteme. Auch bei dieser Vertragsart spielen Aktualisierungspflichten eine wichtige Rolle.

 

Die vorstehenden Regelungen stellen nur einen Ausschnitt der Änderungen dar, die zum Jahresanfang in Kraft getreten sind. Gerne stehen wir Ihnen bei allen Fragen zu den Änderungen des Kaufrechts und allgemein zum Zivilrecht beratend zur Seite.

 

Weitere Informationen

 

Frau Melanie Thiemann, LL.M. Eur. ist Rechtsanwältin bei Bendel & Partner an unserem Standort Würzburg. Frau Thiemann berät insbesondere zum Verwaltungsrecht und Vergaberecht.

Artikel von:

Melanie Thiemann
03.01.2022

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