Archiv für die ‘Bauträgerrecht’ Kategorie

Werden Rechnungspositionen vergessen, läuft die Verjährung ab Schlussrechnungsforderung

Erstellt am: Montag, 22. April 2024 von Leber

KG, Urteil vom 12.12.2023 – 21 U 47/22

 

Eine Schlussrechnungsforderung verjährt gemäß § 195 BGB in drei Jahren. Diese regelmäßige Verjährungsfrist beginnt nach § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch fällig geworden ist.

 

Im VOB/B-Vertrag wird die Schlussrechnung des Auftragnehmers nach der Abnahme der Leistung, der Vorlage einer prüfbaren Schlussrechnung und dem Ablauf der vereinbarten Prüffrist fällig.

 

Dabei gilt es zu beachten, dass die Schlussrechnungsforderung einheitlich fällig wird und somit auch einheitlich verjährt. Das hat zur Folge, dass auch für irrtümlich vergessene unselbstständige Rechnungspositionen oder Teilforderungen die Verjährungsfrist zu laufen beginnt, selbst wenn diese nicht Gegenstand der Schlussrechnung waren.

 

Davon ausgenommen sind nur solche Rechnungsposten oder Teilforderungen, die noch nicht in die ursprüngliche Schlussrechnung eingestellt werden konnten.

 

Praxistipp: Grundsätzlich ist es möglich, vergessenen Rechnungspositionen noch „nachzuschieben“, jedoch sind diese spätestens dann nicht mehr durchsetzbar, wenn die Schlussrechnungsforderung bereits verjährt ist und der Auftraggeber die Einrede der Verjährung erhebt.

 

 

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Frau Maxi Bindrum ist Rechtsanwältin bei Bendel & Partner an unserem Standort Schweinfurt. Sie berät in allen Fragen des Privaten Baurechts sowie Architekten- und Ingenieurrechts.

 

Welche „Füllaufträge“ sind nach einer freien Kündigung auf die Vergütung des Unternehmers anzurechnen?

Erstellt am: Montag, 22. April 2024 von Leber

OLG Celle, Beschluss vom 21.02.2023 – 4 U 4/22

 

Kündigt der Auftraggeber den Bauvertrag, kann der Unternehmer gemäß § 649 BGB die vereinbarte Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen verlangen, wenn es sich um eine freie Kündigung handelt, also kein wichtiger Grund für die Kündigung vorliegt.

 

Im Rahmen des Abzugs der ersparten Aufwendungen muss sich der Unternehmer dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrags an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.

 

Ein anzurechnender Füllauftrag liegt nach dem OLG Celle nur dann vor, wenn ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Kündigung und dem Ersatzauftrag besteht. Der anderweitige Erwerb muss also durch die Kündigung des Auftraggebers erst möglich geworden sein. Andere Aufträge, die der Unternehmer auch unabhängig von der Kündigung in der Lage war auszuführen, sind nach dieser Entscheidung keine Füllaufträge.

 

Praxistipp: Die Entscheidung ist für Unternehmer günstig, weil diese sich bei der Berechnung der Vergütung für infolge der Kündigung nicht erbrachter Leistungen nur die echten „Füllaufträge“ abziehen lassen müssen, während die Aufträge, die er unabhängig von der Kündigung hatte, nicht abgezogen werden. 

 

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Herr Dr. Christian Schmitt, LL.M. Eur. ist Rechtsanwalt bei Bendel & Partner an unserem Standort in Würzburg. Als Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht berät Herr Dr. Schmitt in allen Fragestellungen zum Privaten Bau- und Architektenrecht, insbesondere zum öffentlichen Baurecht und im Verwaltungsrecht.

 

Änderung an Vergabeunterlagen gleich Angebotsausschluss?

Erstellt am: Montag, 22. April 2024 von Leber

Sehen die Vergabebedingungen eines öffentlichen Auftraggebers vor, dass eigene Vertragsbedingungen des Auftragnehmers wie etwa Liefer-, Vertrags- und Zahlungsbedingungen nicht Vertragsbestandteil werden, und stellt ein Bieter mit seinem Angebot dennoch solche Bedingungen, sind diese infolge der Abwehrklausel des Auftraggebers im Falle der Auftragserteilung nicht wirksam.

 

Doch wie wirkt sich der Umstand, dass der Bieter entgegen der Vergabeunterlagen doch eigene Vertragsbedingungen einbeziehen wollte, aus? Sind Angebote mit eigenen Vertragsbedingungen automatisch ausgeschlossen?

 

Bis zu einer viel beachteten und praxisrelevanten Entscheidung des BGH (Urteil vom 18.06.2019 – X ZR 86/17) galt, dass die damit einhergehende Abweichung von Vergabeunterlagen einen Ausschlussgrund begründet.

 

In seiner Entscheidung hat der BGH einerseits bestätigt, dass die Vergabebedingungen eines öffentlichen Auftraggebers, die die Einbeziehung von AGB des Auftragnehmers ausschließen, im Falle einer Auftragserteilung bindend sind. Andererseits hat er dem bisher anerkannten Ausschlussgrund „Abweichung von den Vergabeunterlagen“ bei Einbeziehung eigener AGB weitgehend eine Absage erteilt.

 

Der BGH argumentiert, dass ein Angebot trotz beigefügter AGB des Bieters berücksichtigt werden kann, wenn dieses nach Streichung der AGB dem Inhalt der Vergabeunterlagen entspricht. Ein Ausschluss des Angebots wegen Änderungen an den Vergabeunterlagen sei dann nicht erforderlich und nicht zulässig. Anders sei dies jedoch, wenn ein von den Vorgaben der Vergabeunterlagen inhaltlich abweichendes Angebot abgegeben wird und ohne diese Abweichung kein vollständiges, d.h. kein annahmefähiges Angebot verbleibt.

 

Diese Entscheidung des BGH hat erheblichen Einfluss auf die Praxis im Bereich der öffentlichen Auftragsvergabe.

 

Praxistipp: Ein Ausschluss wegen angeblicher Änderung der Vergabeunterlagen muss vom Bieter oft nicht hingenommen werden. Vielmehr bedarf es zunächst einer Aufklärung, ob abweichende Angaben eines Bieters auf ein Missverständnis zurückzuführen sind, bevor tatsächlich ein Ausschluss vorgenommen werden kann.

 

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Herr Dr. Jochen Hogrefe ist Rechtsanwalt bei Bendel & Partner an unserem Standort Würzburg. Als Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht berät er in allen Fragen des Privaten Baurechts sowie Architekten- und Ingenieurrechts. Ein weiterer Schwerpunkt seiner Tätigkeit ist die Beratung in allen Fragestellungen des Verkehrsrechts, damit berechtigte Ansprüche vollständig und schnell reguliert werden.

 

Was tun bei der Insolvenz des Bauträgers?

Erstellt am: Mittwoch, 8. Februar 2023 von Riethmann

Es ist der Alptraum eines jeden Erwerbers: der Kauf eines Hauses oder einer Wohnung vom Bauträger und dieser fällt während des Baus in die Insolvenz. Für den Erwerber bringt dies große Unsicherheit mit sich – muss der lang gehegte Traum von den eigenen vier Wänden nunmehr aufgegeben werden? Ist das Eigenheim verloren?

Bauträgervertrag als gemischter Vertrag

Der Bauträgervertrag zeichnet sich dadurch aus, dass er aus zwei Elementen besteht. Zum einen der kaufvertragliche Teil: der Bauträger ist verpflichtet, dem Eigentümer das Eigentum am erworbenen Grundstück zu verschaffen. Zum anderen der werkvertragliche Teil: der Bauträger schuldet die Errichtung des Hauses bzw. der Wohnung.

Diese gemischte Vertragsnatur hat Konsequenzen für die Insolvenz: der Bauträgervertrag wird in zwei selbständige Teile aufgespalten und diese unterschiedlich behandelt.

 

Die Behandlung des Bauträgervertrages in der Insolvenz

Der Eigentumsverschaffungsanspruch, der durch eine sogenannte Vormerkung gesichert wird, ist gem. § 106 InsO insolvenzfest. Die Folge ist, dass der Erwerber vom Insolvenzverwalter die Übereignung des Grundstücks gegen Zahlung des Grundstückskaufpreises verlangen kann, soweit dieser im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung noch aussteht und zwar unabhängig vom rechtlichen Schicksal des werkvertraglichen Teils.

Für diesen gilt § 103 InsO. Demnach steht dem Insolvenzverwalter des Bauträgers das Wahlrecht zu, ob er den Vertrag erfüllt und das Haus/die Wohnung fertigstellt oder ob er die Erfüllung verweigert. Wird die Erfüllung verweigert, kann die Fertigstellung des Objekts nicht mehr durchgesetzt werden. Der Erwerber kann seine Schadensersatzansprüche wegen der Nichterfüllung der werkvertraglichen Pflichten lediglich zur Insolvenztabelle anmelden und erhält hierauf die sich im Insolvenzverfahren ergebende Quote.

 

Die Gläubiger des Bauträgers

Neben den Interessen des Erwerbers sind in der Insolvenz des Bauträgers die Interessen der Gläubiger des Bauträgers, insbesondere der finanzierenden Banken, von Bedeutung.

Die Banken des Bauträgers sind in der Regel durch Grundpfandrechte an dem erworbenen Objekt gesichert. Diese gehen auch der Auflassungsvormerkung zugunsten des Erwerbers vor. Die Insolvenzabsicherung des Erwerbers erfolgt durch eine sogenannte Freistellungserklärung der Bank des Bauträgers gemäß § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 MaBV. Durch diese Erklärung versichert die Bank, dass ihre Sicherheiten am Objekt gelöscht werden, wenn der Erwerber die geschuldete Vertragssumme gezahlt hat. Nach § 3 Abs. 1 S. 3 kann sich die Bank jedoch für den Fall, dass das Bauvorhaben nicht beendet wird, anstelle der Freistellungserklärung vorbehalten, alle Anzahlungen, die der Erwerber geleistet hat, bis zum anteiligen Wert des Objekts zurückzuzahlen. Dies hätte zur Folge, dass die Bank mit ihren Sicherheiten in voller Höhe im Grundbuch verbleibt und wegen ihrer Forderungen gegen den Bauträger in das nur teilweise fertig gestellte Objekt vollstrecken könnte.

 

Abwicklungsvereinbarung

Da auch die Banken aufgrund unsicherer Verwertungsmöglichkeiten in der Regel kein Interesse daran haben, wegen ihrer Forderungen die Zwangsvollstreckung in das Objekt zu betreiben, werden in der Praxis die verschiedenen Interessen durch dreiseitige Abwicklungsvereinbarungen zwischen Insolvenzverwalter, Banken und Erwerber zum Ausgleich gebracht.

Sollten Sie sich in einer solchen Situation befinden, unterstützen wir Sie mit unserer gebündelten Expertise im Insolvenzrecht und Bauträgerrecht.

Natürlich stehen wir Ihnen auch allgemein beratend beim Abschluss eines Bauträgervertrages zur Seite.

 

Weitere Informationen:

 

Frau Melanie Thiemann, LL.M. Eur. ist Rechtsanwältin bei Bendel & Partner an unserem Standort Würzburg. Frau Thiemann berät insbesondere zum Verwaltungsrecht und Insolvenzrecht. Darüber hinaus ist sie auch im Vergaberecht tätig.

 

Herr Johannes Hofmann ist Rechtsanwalt bei Bendel & Partner an unserem Standort Würzburg und seit 2023 Partner der Kanzlei. Als Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht berät er in allen Fragestellungen zum Privaten Baurecht sowie zum Architektenrecht und Ingenieurrecht. Der Schwerpunkt seiner Tätigkeit liegt dabei im Bauträgerrecht und Maklerrecht. Daneben berät Herr Hofmann auch im Vereinsrecht.

Keine bauablaufbezogene Darstellung: Kein Schadensersatz wegen Behinderungen!

Erstellt am: Montag, 30. Januar 2023 von Riethmann

OLG Stuttgart, Urteil vom 17.03.2020, Az.: 10 U 310/19; Nichtzulassungsbeschwerde vom BGH mit Beschluss vom 26.01.2022 – VII ZR 51/20 zurückgewiesen

 

Immer wieder scheitern Klagen, in denen Schadensersatz wegen Behinderungen des Bauablaufs geltend gemacht wird, an der unzulänglichen Darstellung des Bauablaufes. Die erfolgreiche Durchsetzung setzt nämlich eine möglichst lückenlose Dokumentation voraus.

Macht der Auftragnehmer Ansprüche wegen Störungen des Bauablaufes geltend, hat er zunächst darzulegen, wie der ursprüngliche Bauablaufplan aussah und durch welche Ereignisse es wann zu welcher konkreten Behinderung aus der Sphäre des Auftraggebers kam. Des Weiteren hat er darzustellen, wann die Behinderung angezeigt wurde und wie der Auftraggeber hierauf reagierte. Im Prozess hat der Auftragnehmer schließlich zu beweisen, wie sich die Behinderung zeitlich auf den weiteren Bauablauf ausgewirkt hat und weshalb die eingetretene Störung bzw. Verzögerung von ihm nicht kompensiert werden konnte.

Der BGH hat hierzu wiederholt entschieden, dass es dem Auftragnehmer zuzumuten sei, eine aussagekräftige Dokumentation zu erstellen, aus der sich die Behinderung sowie deren Dauer und deren Umfang und die hieraus resultierenden Folgen für den Bauablauf ergeben.

 

Praxistipp: Der Auftragnehmer sollte schon während der Baumaßnahme dokumentieren, wann die vom Auftraggeber zu vertretende konkrete Behinderung in der Ausführung anstehender Arbeiten auftrat, wann er diese Behinderung dem Auftraggeber angezeigt hat, wie lange sie andauerte, wie sich die Behinderung auf den Bauablauf konkret ausgewirkt hat und welche Kompensationsleistungen erbracht wurden.

 

Weitere Informationen:

 

Herr Johannes Hofmann ist Rechtsanwalt bei Bendel & Partner an unserem Standort Würzburg. Als Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht berät er in allen Fragestellungen zum Privaten Baurecht sowie zum Architektenrecht und Ingenieurrecht. Der Schwerpunkt seiner Tätigkeit liegt dabei im Bauträgerrecht und Maklerrecht. Daneben berät Herr Hofmann auch im Vereinsrecht.