Archiv für die ‘Gesellschaftsrecht’ Kategorie

Augen auf beim Asset – Deal!

Erstellt am: Montag, 27. März 2023 von Riethmann

In der vom V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs entschiedenen Fallkonstellation bestand Streit zweier Unternehmen im Nachgang zu einem Wirtschaftsgüterkauf (Asset Deal) über das Eigentum an Flüssiggastanks (sog. Post M & A – Streitigkeit). Im Rahmen dieses Asset – Deals übereignete der Veräußerer an den Erwerber diverse Wirtschaftsgüter, darunter Flüssiggastanks, welche sich nicht auf dem Betriebsgelände des Veräußerers befanden, sondern bei den Endkunden des Veräußerers verbaut waren.

 

Im Rahmen der Übereignungserklärungen im dem Asset Deal übereignete der Veräußerer die „Flüssiggastanks“, welche „beim Kunden des Veräußerers verbaut waren“, unter Verweis auf eine Anlage des Vertrages, wobei dessen genauer Inhalt nicht festgestellt ist. Die Übereignung erfolgte durch Abtretung des Herausgabeanspruchs (§ 931 BGB). Weiter verpachtete der Veräußerer an den Erwerber den Kundenstamm, welcher in einer separaten Anlage als Anhang zum Pachtvertrag aufgelistet war.

Nach der Abwicklung des Asset Deals kam es zum Streit zwischen den Parteien über die Eigentumslage an den Flüssiggastanks

 

Die Entscheidung des BGH

 

Der Bundesgerichtshof entschied in diesem Fall, dass die Bezeichnung der zu veräußernden Flüssiggastanks als „Flüssiggastanks“ in der Vertragsurkunde ohne weiteres nicht den sogenannten sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz erfüllt und damit nicht zu einer wirksamen Einigungserklärung im Rahmen der Übereignung (§§ 929 S.1, 931 BGB) führt. Der sachenrechtliche Bestimmtheitsgrundsatz besagt, dass sich die dingliche Einigung auf bestimmte einzelne Sachen beziehen muss, weshalb die bloße Bestimmbarkeit der zu übereignenden Sachen nicht ausreicht (vgl. MüKo – InsO/Ganter, 4. Auflage 2019, § 51 Rn.61). Die Übereignung einer Sachgesamtheit ist möglich, sofern die zu übereignenden Gegenstände ein bestimmtes Merkmal erfüllen, wobei eine Bezugnahme auf ein rechtliches Merkmal (Eigentum, Besitz etc.) gerade nicht ausreicht, da ein außenstehender Dritter bei dieser Abrede nicht ohne die Sichtung weiterer Unterlagen (Warenbücher, Rechnungen) ersehen könne, worauf sich die Übereignung beziehe.

Auch die Kundenstammliste in dem separat abgeschlossenen Pachtvertrag konnte die Übereignung nicht „retten“, da nicht vorgetragen war, ob diese Liste auch bei Abschluss des Wirtschaftsgüterkaufvertrags beigelegt wurde.

 

Beraterhinweise

 

Im Rahmen von Wirtschaftsgüterkaufverträgen empfiehlt sich bereits im Vertragstext eine möglichst präzise Bezeichnung der Verkaufsgüter, um eine reibungslose Übereignung zu ermöglichen.

Sollte dies nicht möglich sein, empfiehlt sich ein Verweis auf eine Anlage (häufig Inventarlisten) zum Wirtschaftsgüterkaufvertrag, in welcher die zu übereignenden Gegenstände anhand typisierender Merkmale aufgelistet werden (Seriennummer; aktueller Standort; etc.).

 

Sie haben Fragen im Bereich Unternehmenstransaktionen (M & A) oder im Bereich der Streitigkeiten im Nachgang zu einer Unternehmenstransaktion (Post M & A – Streit)?

Wir beraten Sie gerne.

 

Weitere Informationen:

 

Herr Christian Hettinger ist Rechtsanwalt bei Bendel & Partner an unserem Standort Würzburg. Herr Hettinger berät in allen Fragen des Handels- und Gesellschaftsrechts.

Herr Daniel Kossmann ist Rechtsanwalt bei Bendel & Partner an unserem Standort Würzburg. Herr Kossmann berät in allen Fragen des Handels- und Gesellschaftsrechts.

Die Haftung des GmbH – Geschäftsführers für Compliance – Verstöße

Erstellt am: Donnerstag, 9. Februar 2023 von Riethmann

Compliance – ein Stichwort, welches früher allenfalls Geschäftsleitern größerer Unternehmen und börsennotierter Aktiengesellschaften ein Begriff war, gewinnt nunmehr – auch in der forensischen Praxis – einen immer größeren Stellenwert.

In einem Urteil aus dem März 2022 hat das Oberlandesgericht Nürnberg erneut die Verpflichtung der Unternehmensleitung betont, ein Compliance Management System (CMS) zu etablieren und eine Geschäftsführerhaftung bei Fehlen eines solchen in den Blick genommen.

Im dem vom OLG Nürnberg entschiedenen Fall klagte ein Unternehmen der Mineralölindustrie, welches in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG organisiert war. Die Leitung der Komplementär-GmbH oblag dem Beklagten als Geschäftsführer.

Das Unternehmen gab an seine Kunden – Unternehmen mit größerem Fuhrpark – auf deren Antrag Tankkarten aus. Fahrer der Kunden konnten mit diesen Tankkarten und bei Eingabe der entsprechenden PIN in den von dem Unternehmen betriebenen Tankstellen bargeldlos tanken.

Alle Tankvorgänge für alle Tankkarten des jeweiligen Kunden wurden diesem sodann monatlich in Rechnung gestellt, wobei für die Kartenkunden jeweils ein Kreditlimit festgelegt wurde.

Bis zum Jahr 2006 wurde dabei die Einhaltung des Kreditlimits für ausgegebene Tankkarten und die jeweiligen Tankkartenkunden nicht kontrolliert.

Dies führte in der Vergangenheit dazu, dass zwei Kunden das ihnen eingeräumte Kartenlimit überzogen, was in letzter Konsequenz zu Forderungsausfällen führte.

Um diesem Missstand zu begegnen fasste der Beirat des Unternehmens im Jahr 2006 einen Beschluss über „beiratspflichtige Vorgänge“.

Dieser Beschluss hatte unter anderem zum Gegenstand, dass ungesicherte Tankkredite auf einen Betrag von 25.000 EUR begrenzt werden sollten; darüberhinausgehende Kredite sollten dem Beirat zur Genehmigung vorgelegt werden. Hierbei sah der Beschluss ein wöchentliches Reporting sowie Berichtspflichten durch Mitarbeiter des Controllings vor.

Sodann fanden im Jahr 2012 zweitägige Geschäftsführerschulungen statt, an denen jeweils auch der Beklagte teilnahm. Im Rahmen dieser Tagung wurden die Beschlüsse des Beirats sowie das zur Umsetzung der Beschlüsse notwendige Vier-Augen-Prinzip sowie die Pflichten eines Geschäftsführers im Rahmen des Mahnwesens erläutert.

In den Jahren 2012 und 2013 kam es zu Untreuehandlungen eines Arbeitnehmers zulasten des Unternehmens, da dieser die Kreditkartenlimits der Kundenfirmen manipulierte, was letzten Endes zur verspäteten Geltendmachung offener Forderungen und in letzter Konsequenz zu Forderungsausfällen in sechsstelliger Höhe führte.

Diese Forderungsausfälle wurden unter anderem dadurch ermöglicht, dass das Vier-Augen-Prinzip seitens des Beklagten nicht eingehalten wurde.

das Unternehmen verlangte daher von dem Geschäftsführer als verantwortlichem Unternehmensleiter Schadensersatz in Höhe des Forderungsausfalls.

 

Verfahrensgeschichte

 

Sowohl das Landgericht Nürnberg – Fürth in der Ausgangsinstanz als auch das Oberlandesgericht Nürnberg in der Berufungsinstanz erachteten die Schadensersatzklage für begründet und verurteilten den Beklagten zu Schadensersatz in Höhe des Forderungsausfalls. Als Anspruchsgrundlage für die Schadensersatzhaftung des Beklagten wurde § 43 Abs.2 GmbHG herangezogen. Dagegen wehrte sich der Geschäftsführer.

 

Rechtliche Würdigung des OLG Nürnberg

 

Dennoch blieb es bei einer Verurteilung des Geschäftsführers.

  • 43 Abs.2 GmbHG bestimmt, dass Geschäftsführer, welche ihre Obliegenheiten verletzen, der Gesellschaft solidarisch für den entstandenen Schaden haften. Zu den Obliegenheiten im Sinne der Vorschrift zählen vor allem die Geschäftsführerpflichten aus § 43 Abs.1 GmbHG, wonach die Geschäftsführer in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden haben.

Der Senat führt hinsichtlich der Geschäftsführerobliegenheiten im Zusammenhang mit der Etablierung eines Compliance Management Systems folgendes aus:

Aus der Legalitätspflicht folgt die Verpflichtung des Geschäftsführers zur Einrichtung eines Compliance Management Systems, also zu organisatorischen Vorkehrungen, die die Begehung von Rechtsverstößen durch die Gesellschaft oder deren Mitarbeiter verhindern.

Dabei ist der Geschäftsführer nicht nur verpflichtet, den Geschäftsgang so zu überwachen oder überwachen zu lassen, dass er unter normalen Umständen mit einer ordnungsgemäßen Erledigung der Geschäfte rechnen kann; er muss vielmehr weitergehend sofort eingreifen, wenn sich Anhaltspunkte für ein Fehlverhalten zeigen.“

 

Fazit

 

Der 12. Zivilsenat des OLG Nürnberg erhebt mit diesem Urteil die Verpflichtung des Geschäftsführers zur Einrichtung eines Compliance Managements Systems (CMS) zu einer Geschäftsführerobliegenheit, deren Verletzung zu Schadensersatzpflichten des Geschäftsführers gegenüber der Gesellschaft führen kann.

 

Sie haben Fragen im Bereich Compliance Management System oder Fragen zur Geschäftsführer – / Vorstandshaftung?

Wir beraten Sie gerne.

 

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Herr Daniel Kossmann ist Rechtsanwalt bei Bendel & Partner an unserem Standort Würzburg. Herr Kossmann berät in allen Fragen des Handels- und Gesellschaftsrechts.

 

Seit dem 01.01.2023 ist es in Kraft – das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG).

Erstellt am: Montag, 30. Januar 2023 von Riethmann

Der Gesetzgeber verfolgt hierbei das gesetzgeberische Ziel der „Verbesserung der internationalen Menschenrechtslage, indem er Anforderungen an ein verantwortliches Management von Lieferketten für bestimmte Unternehmen festlegt“ (vgl. Drucksache des Deutschen Bundestags 19/28649 S.2).

Praktische Bedeutung des Gesetzes

Da nunmehr erstmals gesetzliche Vorgaben zur Errichtung eines effektiven Compliance Management Systems (CMS) etabliert wurden, könnten sich die neuen gesetzlichen Vorgaben als regelrechter „Game – Changer“ im Gefüge der bisherigen recht unübersichtlichen Landschaft der Regelungen zur Compliance erweisen.

Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz führt zu einer erheblichen Erweiterung der Corporate Responsibility und legt den betroffenen Unternehmen erhebliche Sorgfaltspflichten auf.

 

Anwendungsbereich

Vom Anwendungsbereich sind Unternehmer jeder Rechtsform erfasst, die in der Regel mindestens 3000 Arbeitnehmer*innen im Inland beschäftigen und im Inland ihren Sitz oder eine Zweigniederlassung im Sinne von § 13d HGB haben (vgl. § 1 Abs.1 LkSG).

 

Konkrete Sorgfaltspflichten

Diese Unternehmen haben weitreichende Sorgfaltspflichten, welche von der Einrichtung eines unternehmensweiten Risikomanagements (§ 4 LkSG), einer umfassenden Risikoanalyse (§ 5 LkSG) über das Treffen von Präventions- und Abhilfemaßnahmen (§§ 6 f. LkSG) reichen.

Für die Praxis besonders herausfordernd erscheint die Auferlegung einer Monitoring – Pflicht der vom Anwendungsbereich erfassten Unternehmen im Hinblick auch auf mittelbare Zulieferer (§ 9 LkSG).

 

Rechtsfolgen bei Verstößen

Bei Verstößen gegen das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz drohen Buß- und Zwangsgelder in beträchtlicher Höhe sowie der Ausschluss von der Vergabe öffentlicher Aufträge (§§ 22 ff. LkSG).

Umso genauer müssen betroffene Unternehmen darauf achten, dass ihre internen Organisations- und Controllinginstrumente den neuen gesetzlichen Anforderungen entsprechen.

 

Ausblick für mittelständische Unternehmen

Für die Praxis kleiner und mittelständischer Unternehmen dürfte die Frage der mittelbaren Auswirkungen des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz spannend sein, da deren Business – Partner, sollten sie dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz unterfallen, auf einer Implementierung eines entsprechenden Compliance Management Systems bei ihren Business – Partnern bestehen dürften, um ihren Sorgfaltspflichten hinsichtlich einer umfangreichen Risikoanalyse ihrer Lieferketten nachzukommen (Vertragspartner Due Diligence).

 

Sie haben Fragen zu den aktuellen Änderungen im Bereich Corporate Compliance?

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Herr Daniel Kossmann ist Rechtsanwalt bei Bendel & Partner an unserem Standort Würzburg. Herr Kossmann berät Sie insbesondere in allen Fragen zum Handels- und Gesellschaftsrecht.

 

Transparenzregister: Neue Meldepflichten für Unternehmen

Erstellt am: Donnerstag, 5. August 2021 von JHofmann

Im Jahr 2017 wurde das Transparenzregister eingeführt, welches trotz seiner erst kurzen Existenz bereits Gegenstand verschiedener Gesetzesänderungen gewesen ist. Hintergrund der Einführung des Registers ist die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung.

Eine Änderung des Geldwäschegesetzes mit weitreichenden Auswirkungen für das Transparenzregister wurde am 10.06.2021 im Bundestag verabschiedet und trat zum 01.08.2021 in Kraft.

 

Inhalt der Meldepflicht

Transparenz durch das Register soll geschaffen werden, indem die wirtschaftlich Berechtigten eines Unternehmens, d.h. diejenigen Personen, die Kontrolle über ein Unternehmen ausüben, zum Register gemeldet werden müssen. Entsprechende Kontrolle wird angenommen, wenn ein Berechtigter über mehr als 25 % der Kapitalanteile oder Stimmrechte verfügt. Aber auch wenn derartige Personen nicht vorhanden sind, verfügt ein Unternehmen dennoch über wirtschaftliche Berechtigte: in einem solchen Fall gelten die geschäftsführenden Organe kraft Gesetzes als wirtschaftliche Berechtigte.

 

Meldepflicht für bislang nicht Betroffene

Bislang kam dem Transparenzregister eine Auffangfunktion zu. Sofern sich Angaben zu den wirtschaftlich Berechtigten aus anderen öffentlich verfügbaren Registern wie z.B. dem Handelsregister ergaben, entfiel die Pflicht zur Meldung an das Transparenzregister. Dies ändert sich nun.

Sämtliche juristische Personen des Privatrechts und eingetragene Personengesellschaften unterliegen dann der Meldepflicht – ein immenses Mehr an Bürokratie. Dabei bleibt es nicht bei einer einmaligen Mitteilung. Jede relevante Veränderung von Konzernstruktur oder Anteilsinhaberschaft führt dazu, dass nicht nur die Angaben beim Handelsregister, sondern auch beim Transparenzregister aktualisiert werden müssen. Insbesondere für kleine Unternehmen ist die doppelte Registerführung eine erhebliche Mehrbelastung.

 

Übergangsfristen

Für bestehende Unternehmen, die bislang nicht mitteilungspflichtig waren, gibt es Übergangsfristen. Eine bislang nicht meldepflichtige AG hat Zeit bis zum 31.03.2022, eine GmbH bis zum 30.06.2022 diese Pflichten zu erfüllen. Für Neugründungen gelten die Vorschriften seit dem 01.08.2021.

 

Bußgelder drohen

Die Regelungen zum Transparenzregister sehen Bußgelder vor. Zwar werden für einen Übergangszeitraum bis in das Jahr 2023 die Bußgeldvorschriften ausgesetzt, spätestens dann drohen aber Unternehmen, die ihre Meldepflicht versäumt haben, Bußgelder. Nutzen Sie somit den Übergangszeitraum und tragen Sie Sorge, die Eigentümerstrukturen aufzuklären und rechtzeitig die erforderliche Meldung zu machen.

Hierbei unterstützen wir Sie gerne.

 

Weitere Informationen

 

Herr Benedikt Heimbeck ist Rechtsanwalt bei Bendel & Partner an unserem Standort Würzburg. Er berät zu allen Fragestellungen des Handels- und Gesellschaftsrecht. Daneben liegt der Schwerpunkt seiner Tätigkeit im Kartellrecht sowie in der in der Insolvenzanfechtung und Gläubigervertretung in Insolvenzverfahren.

Dieser Artikel ist in der von der IHK Würzburg Schweinfurt herausgegebenen Wirtschaft in Mainfranken, Ausgabe 08/2021 erschienen.