In vielen Vereinen und Verbänden stehen häufig in der ersten Jahreshälfte die Mitgliederversammlungen an. Viele Vorstände stellen sich daher aktuell die Frage, ob aufgrund der Corona-Pandemie die Mitgliederversammlung überhaupt durchgeführt werden kann, darf oder muss.
Wann die Mitgliederversammlung einberufen werden muss, ist in vielen Satzungen explizit geregelt. Sofern geregelt ist, bis wann die Mitgliedsversammlung einzuberufen werden muss, ist das zuständige Gremium – in der Regel ist das der Vorstand – an diese Vorgabe gebunden.
Aufgrund der Corona-Pandemie können Mitgliederversammlungen nun häufig aber nicht satzungsgemäß stattfinden. Im Grundsatz setzt eine Mitgliederversammlung nach § 32 BGB immer ein physisches Treffen voraus. Virtuelle Mitgliederversammlungen sind daher grundsätzlich nur dann möglich, wenn die Satzung entsprechendes vorsieht oder alle Vereinsmitglieder dem zustimmen.
Um den Problemen zu begegnen, wurden in dem Gesetz über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie vom 27. März 2020 unter § 5 vorübergehende Ausnahmeregelungen geschaffen, die die Handlungsfähigkeit von Vereinen und Stiftungen sichern sollen, wenn die Organe der Vereine nicht persönlich zusammenkommen können, um notwendige Beschlüsse zu fassen.
Amtszeit des Vorstandes
Sofern die Amtszeit eines Vorstandsmitgliedes zwischenzeitlich enden sollte, wird vorgesehen, dass dieses nach § 5 Abs. 1 des Ausnahmegesetzes im Amt bleibt. Die Vereine sind also nicht gezwungen, allein wegen der turnusmäßig anstehenden Vorstandswahl jetzt eine Wahl durchzuführen.
Virtuelle Mitgliederversammlung
Ungeachtet dessen ist es abweichend von § 32 Abs. 1 S. 1 BGB möglich, virtuelle Mitgliederversammlungen abzuhalten (§ 5 Abs. 2 Nr. 1). Wird eine solche virtuelle Mitgliederversammlung abgehalten, können Mitglieder ihre Stimmen bereits vor deren Beginn schriftlich – d. h. durch einen eigenhändig unterschriebenen Brief – abgeben (§ 5 Abs. 2 Nr. 2). Wozu das Gesetz allerdings keine Aussage trifft, ist der Umgang mit technischen Störungen im Rahmen solch virtueller Mitgliederversammlungen.
Alternativ oder ergänzend zur virtuellen Mitgliederversammlung, kann der Vorstand abweichend von § 32 Abs. 2 S. 2 BGB nach § 5 Abs. 2 Nr. 2 des Ausnahmegesetzes zulassen, dass Mitglieder schon vor der Versammlung ihre Stimme abgeben.
Beschlussfassung im Umlaufverfahren
Sofern insgesamt auf die Versammlung verzichtet wird und die Beschlussfindung im Umlaufverfahren erfolgen soll, ist zur Wirksamkeit entsprechend gefasster Beschlüsse nach § 5 Abs. 3 des Ausnahmegesetzes erforderlich, dass
> alle Mitglieder beteiligt wurden,
> mindestens die Hälfte der Mitglieder bis zu einem vom Verein gesetzten Termin ihre Stimmen in Textform – also etwa auch per E-Mail – abgegeben hat,
> der Beschluss mit der erforderlichen Mehrheit gefasst wurde.
Diese Ausnahmeregel sind zunächst nur auf im Jahr 2020 ablaufende Bestellungen von Vereins- oder Stiftungsvorständen und im Jahr 2020 stattfindende Mitgliederversammlungen von Vereinen anzuwenden. Ob der Vorstand von diesen Möglichkeiten tatsächlich Gebrauch macht, liegt in seinem Ermessen. Dabei wird er die Dringlichkeit anstehender Entscheidungen ebenso wie die konkreten technischen Gegebenheiten und die Interessen der Mitglieder abwägen.
Gerne unterstützen wir Sie in allen Rechtsfragen zum Vereinsrecht, Stiftungsrecht und Genossenschaftsrecht.
Weitere Informationen
Herr Johannes Hofmann ist seit 2017 Rechtsanwalt bei Bendel & Partner an unserem Standort Würzburg. Als Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht berät er in allen Fragestellungen zum Privaten Baurecht sowie zum Architektenrecht und Ingenieurrecht. Der Schwerpunkt seiner Tätigkeit liegt dabei im Bauträgerrecht und Maklerrecht. Daneben berät Herr Hofmann auch im Vereinsrecht.