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Insolvenz des Arbeitgebers – was Arbeitnehmer wissen müssen

Erstellt am: Freitag, 4. November 2022 von Riethmann

Steigende Energiepreise, der Ukrainekrieg und eine historisch schlechte Konsumstimmung sind die Ursachen für einen spürbaren Anstieg an Unternehmensinsolvenzen. Nicht nur im Einzelhandel stehen die Zeichen auf Sturm.

Viele Arbeitnehmer fragen sich derzeit, wie es um ihr Arbeitsverhältnis und  ihre Lohnansprüche steht, wenn der Arbeitgeber Insolvenz anmeldet.

Das Wichtigste in Kürze:

 

Endet das Arbeitsverhältnis mit der Insolvenz automatisch?

 

Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens endet das Arbeitsverhältnis nicht automatisch, sondern besteht mit Wirkung für die Insolvenzmasse fort. Der Insolvenzverwalter tritt in die Rechte und Pflichten des Arbeitgebers aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis ein.

 

Wie verhält es sich mit meinen offenen Lohnansprüchen die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sind?

 

Regelmäßig stellt der Arbeitgeber bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Zahlungen ein. Für den Arbeitnehmer stellt sich dann die Frage, was mit den offenen Lohnansprüchen passiert. Grundsätzlich gilt hierbei, dass Lohnansprüche vor der Insolvenz gewöhnliche Insolvenzforderungen darstellen, die beim Insolvenzverwalter angemeldet werden können und mit den übrigen Insolvenzforderungen quotal befriedigt werden. Da die Quote oftmals im einstelligen Prozentbereich liegt, ist damit dem Arbeitnehmer nicht geholfen. Der Arbeitnehmer kann daher bei der Bundesagentur für Arbeit Insolvenzgeld beantragen. Das Insolvenzgeld wird für maximal 3 Monate gewährt.

 

Von wem erhalte ich Lohn nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens?

 

Besteht das Arbeitsverhältnis über den Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung fort, werden Lohnansprüche der Arbeitnehmer zu sogenannten Masseverbindlichkeiten, die aus der Insolvenzmasse zu berichtigen sind. Die Lohnansprüche sind in diesem Fall vor den einfachen Insolvenzforderungen privilegiert.

 

Was muss der Arbeitnehmer unbedingt beachten?

 

Arbeitnehmer müssen unbedingt beachten, dass Insolvenzgeld nur binnen 2 Monaten nach dem Eintritt des Insolvenzereignisses beantragt werden kann, es gilt insoweit eine gesetzliche Ausschlussfrist.

Sie sind von einer Insolvenz betroffen? Wir beraten Sie gerne.

 

Weitere Informationen:

 

Frau Dorothea Schäff ist Rechtsanwältin bei Bendel & Partner an unserem Standort Schweinfurt. Frau Schäff berät insbesondere zum individuellen Arbeitsrecht und kollektiven Arbeitsrecht.

Frau Anna-Maria Delotto ist Rechtsanwältin bei Bendel & Partner an unserem Standort Würzburg. Frau Delotto berät insbesondere zu allen Fragestellungen des Insolvenzrechts. Der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit liegt dabei in der Insolvenzanfechtung sowie der Gläubigervertretung in Insolvenzverfahren. Seit 2021 wird sie als Insolvenzverwalterin bestellt. Daneben berät Frau Delotto im Handels- und Gesellschaftsrecht.

Regiestundenzettel müssen vertragsgemäß und prüffähig ausgefüllt werden

Erstellt am: Dienstag, 11. Oktober 2022 von Riethmann

Eine Abrechnung auf Regiestundenbasis ist nicht ausreichend gerichtsfest, wenn die Regiestundenzettel nicht so detailliert und nachvollziehbar ausgefüllt sind, dass der angesetzte Zeitaufwand durch einen Sachverständigen nicht überprüft werden kann (LG Frankfurt/Main, Urteil vom 21.06.2021 – 3-15 O 3/20).

Hieran ändert auch eine Vereinbarung, die Unterzeichnung durch den Bauleiter ohne Nennung der Namen aller Mitarbeiter sei ausreichend, oder der Einwand, dass die Arbeiten vor Ort angeordnet worden seien, nichts.

In dem vom LG Frankfurt/Main entschiedenen Fall hatte der Auftraggeber die Stundenlohnarbeiten auf „0,00 Euro“ gekürzt, da diese nicht prüfbar seien, weil die Regiestundennachweise nicht die vereinbarten Angaben enthielten. Der Auftragnehmer hatte vorgetragen, dass man sich auf der Baustelle darauf geeinigt hatte, dass es ausreichend sei, wenn die Regiestundenzettel vom jeweiligen Bauleiter gegengezeichnet seien und nicht immer alle eingesetzten Arbeitskräfte namentlich genannt werden. Außerdem seien die Arbeiten auf der Baustelle angeordnet worden.

Diese Argumente ließ das LG Frankfurt/Main nicht ausreichen. Die Regiestundenzettel müssten von einem Sachverständigen überprüft werden können, was nur der Fall sei, wenn die Regiestundenzettel die entsprechenden Angaben enthalten.

Praxistipp: Diese Entscheidung zeigt, dass der genaue Inhalt der Regiestundenzettel für eine gerichtliche Darlegung und Beweisführung höchst relevant ist. Es ist daher anzuraten, den korrekten Inhalt der Regiestundenzettel nach § 15 VOB/B zu beachten, damit der Werklohn später gerichtsfest dargelegt und beweisen werden kann.

 

Weitere Informationen

 

Herr Dr. Jochen Hogrefe ist ebenfalls Rechtsanwalt bei Bendel & Partner an unserem Standort Würzburg. Als Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht berät auch er in allen Fragen des Privaten Baurechts sowie Architekten- und Ingenieurrechts. Ein Schwerpunkt seiner Tätigkeit bildet die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen von Bauunternehmen.

Kein Nachtrag zum Nachtrag!

Erstellt am: Dienstag, 11. Oktober 2022 von Riethmann

In der Regel ist davon auszugehen, dass ein Auftragnehmer, der dem Auftraggeber ein Nachtragsangebot unterbreitet, diesem damit ein abschließendes Angebot macht, das auch bauzeitbedingt entstandenen Mehrbedarf umfasst. Dieser Dauerbrenner beschäftigt die Gerichte regelmäßig:

 

Ein Auftragnehmer, der dem Auftraggeber ein Nachtragsangebot unterbreitet, macht damit ein abschließendes Angebot, das auch bauzeitbedingt entstandenen Mehrbedarf umfasst (OLG Frankfurt, Urteil vom 19.12.2019 – 5 U 171/18; BGH, Beschluss vom 13.10.2021 – VII ZR 15/20 ).

 

Verlangt der Auftraggeber die Ausführung geänderter oder zusätzlicher Leistungen und enthält das Nachtragsangebot des Auftragnehmers keinen Hinweis auf bauzeitbedingte Mehrkosten, kann er diese nicht (mehr) geltend machen, wenn der Auftraggeber das Angebot vorbehaltlos annimmt (KG, Urteil vom 22.06.2018 – 7 U 111/17 ).

 

Der Auftraggeber darf davon ausgehen, dass der Auftragnehmer alle mit der Durchführung der Nachtragsarbeiten verbundenen Kosten – also auch solche wegen nachtragsbedingter Verzögerungen – in sein Nachtragsangebot einkalkuliert hat. Nimmt der Auftraggeber das Nachtragsangebot des Auftragnehmers an, sind damit auch sämtliche Ansprüche wegen Bauablaufstörungen abgegolten (OLG München, Urteil vom 26.09.2017 – 28 U 2834/09).

 

Praxistipp: Will der Auftragnehmer bei einem Nachtrag also auch bauzeitbedingte Mehrkosten geltend machen, muss er diese in seinem Nachtragsangebot ausdrücklich aufnehmen oder, wenn er zur Höhe der – häufig nur schwer abschätzbaren – bauzeitabhängigen Mehrkosten keine verlässliche Angabe machen kann, einen entsprechenden Vorbehalt erklären.

 

Weitere Informationen

 

Herr Dr. Jörg Hofmann ist Rechtsanwalt bei Bendel & Partner an unserem Standort Würzburg und seit 1998 Partner der Kanzlei. Als Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht leitet er das Team Baurecht und berät insbesondere zu allen Fragen des privaten Baurechts sowie des Architekten- und Ingenieurrechts. Ein weiterer Beratungsschwerpunkt liegt im Binnenschifffahrtsrecht. Zudem berät er aus dem Herzen des fränkischen Weinbaugebietes seit vielen Jahren den Fränkischen Weinbauverband in allen Fragen des Weinrechts.

 

Nachgefragt… Abrechnung von Stundenlohnarbeiten

Erstellt am: Dienstag, 11. Oktober 2022 von Riethmann

Oft kommt es vor, dass der Auftraggeber und das ausführende Unternehmen die Abrechnung zumindest eines Teils der zu erbringenden Arbeiten auf Stundenlohnbasis vereinbaren.

Da sowohl beim VOB/B-, als auch beim BGB-Bauvertrag die Abrechnung nach Einheitspreisen die Regel ist, muss derjenige, der nach Stundenlöhnen abrechnen will, darauf achten, dass er die Vereinbarung einer Abrechnung nach Aufwand darlegen und beweisen kann. Regelmäßig trifft diese Pflicht den Auftragnehmer.

Zudem muss dieser schlüssig darlegen können, wie viele Stunden für die Erbringung der Vertragsleistungen angefallen sind. In der Praxis werden dem Auftraggeber vom Auftragnehmer daher Stundenzettel vorgelegt, die von diesem abgezeichnet werden sollen. Mit der Unterschrift wird dann bestätigt, dass die dort beschriebenen Leistungen nach Art und Umfang erbracht worden sind.

Bei Vereinbarung der VOB/B ist ausdrücklich vorgegeben, dass Stundenlohnzettel je nach Verkehrssitte werktäglich oder wöchentlich einzureichen sind und der Auftraggeber die von ihm bescheinigten Stundenlohnzettel unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von 6 Werktagen nach Zugang, zurückzugeben hat. Werden die Stundenzettel beim VOB/B-Vertrag von diesem nicht fristgemäß zurückgegeben, gelten diese als anerkannt.

Umgekehrt folgt aus dieser Regelung jedoch nicht, dass die Vorlage von Stundenlohnzetteln Bedingung für die Abrechnungsfähigkeit der aufgewendeten Stunden wäre. Die Stunden können auch in anderer Weise nachgewiesen werden. Dennoch sollte dieser Weg gewählt werden, da mit ordnungsgemäß geführten, inhaltlich aussagekräftigen und vom Auftraggeber abgezeichnete Stundenlohnzettel der Nachweis regelmäßig am sichersten geführt werden kann.

Häufig wendet der Auftraggeber im Nachgang ein, dass die vom Auftragnehmer angesetzten Stunden unangemessen sind. Tatsächlich muss der Auftragnehmer darauf achten, dass für die Arbeiten nicht mehr Zeit anfällt, als nötig, denn mit der Vereinbarung einer Stundenlohnvereinbarung geht die vertragliche Nebenpflicht einher, die Arbeiten möglichst wirtschaftlich auszuführen.

Allerdings muss der Auftragnehmer im ersten Schritt nur darlegen, wie viele Stunden er für die Erbringung der Vertragsleistung benötigt hat. Sofern der Auftraggeber behauptet, dass unnötiger Zeitaufwand produziert wurde, hat er dies darzulegen und zu beweisen.

 

Weitere Informationen

 

Herr Johannes Hofmann ist Rechtsanwalt bei Bendel & Partner an unserem Standort Würzburg. Als Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht berät er in allen Fragestellungen zum Privaten Baurecht sowie zum Architektenrecht und Ingenieurrecht. Der Schwerpunkt seiner Tätigkeit liegt dabei im Bauträgerrecht und Maklerrecht. Daneben berät Herr Hofmann auch im Vereinsrecht.

Arbeitsrecht aktuell – was ändert sich im Herbst 2022

Erstellt am: Freitag, 30. September 2022 von Riethmann

Der Herbst 2022 bringt viele Änderungen im Arbeitsrecht mit sich. Das Wichtigste in Kürze:

Mindestlohn

Ab dem 01.10.2022 erfolgt eine weitere Erhöhung auf 12,00 € pro Stunde. Diese Erhöhung wird mindestens bis zum 01.01.2024 in Kraft bleiben (§ 9 Abs. 1 S. 1 MiLoG).

Von der Erhöhung profitieren automatisch grundsätzlich alle Arbeitnehmer:innen, die weniger als 12,00 € verdienen.

 

Minijob und Midijob

Mit der Erhöhung des Mindestlohns geht auch eine Erhöhung der Einkommensgrenzen für Personen in einem Minijob und in einem Midijob einher.

So wird ab dem 01.10.2022 die 450 €-Grenze auf 520 € angehoben.

Daneben wird die Gleitzone für Midijobs nunmehr zwischen 520,01 € und
1.600 € liegen.

Die Grenzverschiebungen verlaufen dabei nicht gleichmäßig zur Mindestlohnerhöhung. Es ist daher darauf zu achten, ob bei einer unveränderten Arbeitszeit auch noch ein Minijob bzw. ein Midijob vorliegen.

 

Energiepauschale

Um die Folgen des Ukraine-Kriegs und der dadurch verursachten hohen Inflation abzumildern, gibt es eine sogenannte Energiepreispauschale.

Diese beträgt für jeden Arbeitnehmer und jede Arbeitnehmerin 300 €. Anspruchsberechtigt sind dabei solche Arbeitnehmer:innen, die nach § 1 Abs. 1 EStG unbeschränkt steuerpflichtig sind und im Jahr 2022 Einkünfte aus einer nichtselbständigen Arbeit erzielt haben.

Der Anspruch entsteht am 01.09.2022 und wird grundsätzlich mit dem Septemberlohn ausgezahlt.

 

Inflationsausgleichprämie

Mithilfe der Inflationsausgleichprämie sollen künftig Unternehmen ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zur Abmilderung der Inflation bis Ende 2024 eine Prämie von bis zu 3.000 Euro steuer- und abgabefrei auszahlen können. Es handelt sich dabei um einen steuerlichen Freibetrag. Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist allerdings, dass die Ausgleichszahlung zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt wird.

 

Arbeitszeiterfassung

Schließlich ergibt sich nicht durch ein neues Gesetz, sondern durch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine erhebliche Änderung im Arbeitszeitrecht.

In seinem Beschluss vom 13.09.2022 (Az.: 1 ABR 22/21) entschied das Erfurter Gericht nämlich, dass Arbeitgeber verpflichtet sind, die Arbeitszeiten ihrer Arbeitnehmer:innen zu erfassen.

Es bleibt aber abzuwarten, welche Folgen dies tatsächlich auf das Arbeitsleben haben wird. Ob mit dem Beschluss tatsächlich ein Ende der Vertrauensarbeitszeit einhergeht, kann noch nicht abgesehen werden.

 

Sie haben Fragen zu den Änderungen im Arbeitsrecht –
wir beraten Sie gerne.

 

Weitere Informationen

 

Frau Dorothea Schäff ist Rechtsanwältin bei Bendel & Partner an unserem Standort Schweinfurt. Frau Schäff berät insbesondere zum individuellen Arbeitsrecht und kollektiven Arbeitsrecht.