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Insolvenz eines Bauträgers – Was Erwerber wissen und beachten sollten

Erstellt am: Dienstag, 4. November 2025 von JHofmann

Die Insolvenz eines Bauträgers trifft Erwerber meist völlig unerwartet und wirft zahlreiche rechtliche, finanzielle und praktische Fragen auf. Gerade wenn das Bauvorhaben noch nicht abgeschlossen ist, hängt viel davon ab, wie schnell und strukturiert die nächsten Schritte eingeleitet werden.

Was passiert nach der Insolvenzeröffnung?

Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens übernimmt der Insolvenzverwalter die Kontrolle über das Vermögen des Bauträgers. Sämtliche weiteren Schritte – insbesondere im Hinblick auf die Fertigstellung des Bauvorhabens – sind mit dem Insolvenzverwalter abzustimmen. Besteht eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch, ist der Anspruch auf Eigentumserwerb gesichert. Die Vormerkung verhindert, dass das Grundstück oder die Wohnung ohne Zustimmung der Erwerber veräußert oder belastet wird.

 

Fortführung oder Verkauf des Projekts durch den Insolvenzverwalter

Dem Insolvenzverwalter stehen grundsätzlich zwei Möglichkeiten zur Verfügung: Er kann das Bauvorhaben entweder fortführen oder das Projekt an einen neuen Bauträger veräußern. In der Praxis entscheidet er sich häufig für den Verkauf. Der neue Bauträger tritt dann an die Stelle des bisherigen Unternehmens und übernimmt das Projekt in dem vorhandenen Zustand.

Für Erwerber bedeutet dies, dass ihre bisherigen Verträge in der Regel nicht automatisch auf den neuen Bauträger übergehen. Es müssen neue Vereinbarungen getroffen werden, die rechtlich und wirtschaftlich sorgfältig geprüft werden müssen. Oft wird der neue Bauträger anbieten, das Bauvorhaben zu geänderten Konditionen fortzuführen. Hier sollten Erwerber auf eine klare vertragliche Abgrenzung zwischen bereits erbrachten und noch zu erbringenden Leistungen achten.

Der Erwerb eines insolventen Projekts stellt besondere Anforderungen an den übernehmenden Bauträger. Neben einer gründlichen rechtlichen und technischen Due Diligence ist es entscheidend, bestehende Rechte Dritter – insbesondere Auflassungsvormerkungen, Grundpfandrechte und Sicherungsabtretungen – zu berücksichtigen. Der Erwerb muss so strukturiert sein, dass der neue Bauträger das Projekt frei von insolvenzrechtlichen Risiken fortführen kann.

Zudem sollte geprüft werden, ob und in welchem Umfang Verpflichtungen gegenüber Erwerbern, Nachunternehmern oder Lieferanten fortbestehen. Der neue Bauträger übernimmt nicht automatisch sämtliche Altverbindlichkeiten. Es muss daher sorgfältig festgelegt werden, welche Leistungen er fortsetzt und welche Ansprüche die Erwerber weiterhin gegen die Insolvenzmasse richten müssen. Auch die Zusammenarbeit mit dem Insolvenzverwalter und den finanzierenden Banken ist von entscheidender Bedeutung, da häufig Freigaben oder Rangänderungen erforderlich sind, bevor mit der Fertigstellung begonnen werden kann.

 

Koordination mit Banken und Erwerbern

Sowohl bei einer Fortführung durch einen neuen Bauträger als auch bei einer eigenständigen Fertigstellung durch die Erwerber müssen die finanzierenden Banken eng eingebunden werden. Die Bank des insolventen Bauträgers hat in der Regel Sicherheiten an den Grundstücken, die erst freigegeben oder abgelöst werden müssen. Ohne diese Freigabe kann kein Erwerber Eigentum erlangen und kein neuer Bauträger eine ungestörte Baufortsetzung gewährleisten.

Auch die Banken der Erwerber spielen eine zentrale Rolle. Oft muss die Finanzierung angepasst werden, da die ursprüngliche Kostenstruktur nach der Insolvenz nicht mehr tragfähig ist. Nur durch enge Abstimmung zwischen Insolvenzverwalter, Erwerbern, Banken und neuem Bauträger lässt sich eine rechtssichere und wirtschaftlich sinnvolle Lösung finden.

 

Bedeutung von Fertigstellungssicherheiten

Parallel dazu können Erwerber gegebenenfalls eine vorhandene Fertigstellungssicherheit in Anspruch nehmen. Voraussetzung ist, dass eine solche Sicherheit tatsächlich besteht und ordnungsgemäß vereinbart wurde. In der Praxis kann die Durchsetzung solcher Ansprüche durchaus komplex sein, da die Sicherungsgeber häufig Einwendungen erheben und zunächst prüfen, ob die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme erfüllt sind. Eine präzise Dokumentation des bisherigen Baufortschritts und der geleisteten Zahlungen ist hierfür von entscheidender Bedeutung.

Erfolgreich in Anspruch genommene Fertigstellungssicherheiten können es den Erwerbern erleichtern, einen externen Bauträger zu beauftragen der das Projekt zu Ende führt, ohne die finanziellen Risiken vollständig allein tragen zu müssen.

 

Fazit

Die Insolvenz eines Bauträgers ist ein tiefgreifender Einschnitt, der aber nicht zwangsläufig zum Scheitern des Bauvorhabens führt. Ob durch Fortführung, Verkauf oder eine neue Beauftragung – entscheidend ist eine strukturierte und abgestimmte Vorgehensweise. Für Erwerber gilt: Frühzeitige rechtliche Prüfung, koordinierte Vertretung und klare Kommunikation mit Insolvenzverwalter, Banken und potenziellen neuen Bauträgern sind der Schlüssel, um den drohenden Verlust bestmöglich abzuwehren und das Projekt erfolgreich abzuschließen. Mit einer sorgfältigen und strategischen Vorgehensweise lassen sich die Risiken minimieren und die Fertigstellung der Immobilie sichern.

 

Weitere Fragen? – Wir unterstützen Sie gerne!

Unsere Kanzlei bietet Ihnen umfassende Beratung und Vertretung, um Ihre Interessen bestmöglich zu sichern und den Weg zur Fertigstellung Ihrer Immobilie zu ebnen.

Gerne können Sie sich gerne über den Mandatsaufnahmebogen bei uns melden. Wir beraten und unterstützen Sie gerne.

 

Weitere Informationen

Herr Johannes Hofmann ist Rechtsanwalt bei Bendel & Partner an unserem Standort Würzburg und seit 2023 Partner der Kanzlei. Als Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht berät er in allen Fragestellungen zum Privaten Baurecht sowie zum Architektenrecht und Ingenieurrecht. Ein Schwerpunkt seiner Tätigkeit liegt dabei im Bauträgerrecht.

 

Bendel & Partner Rechtsanwälte mbB ist eine der führenden Kanzleien für Wirtschaftsrecht in Franken. Mit unseren Büros in Würzburg, Schweinfurt und München beraten wir bundesweit Unternehmen, Privatpersonen sowie Kommunen. Bendel & Partner steht für unternehmerisches Denken, hohe fachliche Kompetenz und eine umfassende, hochqualifizierte Rechtsberatung aus einer Hand. Wir unterstützen Sie bei der Durchsetzung ihrer Ziele und legen besonderen Wert auf eine individuelle, umfassende und wirtschaftlich sinnvolle Beratung.

 

Durch die enge Zusammenarbeit mit der Bendel Insolvenzverwaltung AG und der Bendel Unternehmensberatung GmbH profitieren unsere Mandanten von der gebündelten Expertise aus über 50 Jahren wirtschaftsrechtlicher Beratung.

Zukunftsorientierte Weiterentwicklung der Kanzlei Bendel & Partner

Erstellt am: Freitag, 18. Oktober 2024 von Leber

Zum 31.12.2024 wird Dr. Markus Schädler, langjähriger Partner der Kanzlei Bendel & Partner seine Gesellschafteranteile der Kanzlei Bendel & Partner an Dr. Alexander Hess, Christian Hettinger und Johannes Hofmann übergeben.

Selbstverständlich bleibt Dr. Schädler der Kanzlei jedoch als Rechtsanwalt erhalten und wird weiterhin seine Expertise in der Beratung einbringen. Auch wird er weiterhin als Insolvenzverwalter und Vorstand der Bendel Insolvenzverwaltung AG tätig sein.

Die Übergabe der Anteile erfolgt im Rahmen einer zukunftsorientierten Ausrichtung der Kanzleistruktur. Mit der Verteilung der Verantwortung auf mehrere erfahrene Partner sichert Bendel & Partner die Kontinuität und eröffnet gleichzeitig neue Potentiale für die Zukunft. Dr. Alexander Hess, Christian Hettinger und Johannes Hofmann haben sich bereits in den letzten Jahren als engagierte Partner bewährt und werden die Kanzlei mit frischen Ideen und innovativen Ansätzen weiter voranbringen.

Dieser Schritt ist ein wichtiger Beitrag unserer langfristigen Ausrichtung, um die Kanzlei zukunftsfähig aufzustellen. Wir sehen in der Ergänzung durch die neuen Gesellschafter eine große Chance, den Erfolg von Bendel & Partner nachhaltig zu sichern und noch weiter zu steigern“,

erklärt der Seniorpartner Dr. Jörg Hofmann, der die Kanzlei gemeinsam mit Dr. Markus Schädler in über 25 Jahren kontinuierlich aufgebaut hat.“

Durch die Übergabe der Anteile wird die Kanzlei nicht nur gestärkt, sondern auch für kommende Herausforderungen optimal aufgestellt. Mit einem dynamischen Team an der Spitze setzt Bendel & Partner auf Innovation, Erfahrung und Kontinuität.

 

Weitere Informationen:

Bendel & Partner Rechtsanwälte mbB ist eine der führenden Kanzleien für Wirtschaftsrecht in Franken. Mit unseren Büros in Würzburg, Schweinfurt und München beraten wir bundesweit Unternehmen, Privatpersonen sowie Kommunen. Bendel & Partner steht für unternehmerisches Denken, hohe fachliche Kompetenz und eine umfassende, hochqualifizierte Rechtsberatung aus einer Hand. Wir unterstützen Sie bei der Durchsetzung ihrer Ziele und legen besonderen Wert auf eine individuelle, umfassende und wirtschaftlich sinnvolle Beratung.

 

Durch die enge Zusammenarbeit mit der Bendel Insolvenzverwaltung AG und der Bendel Unternehmensberatung GmbH profitieren unsere Mandanten von der gebündelten Expertise aus über 45 Jahren wirtschaftsrechtlicher Beratung.

Eröffnung des Musterverfahrens des Bayerischen Obersten Landgerichts im Fall Wirecard

Erstellt am: Dienstag, 4. April 2023 von BP-Admin

Mit dem am 16. März 2023 im Bundesanzeiger veröffentlichten Beschluss (Az.: 101 Kap 1/22) hat das Bayerische Oberste Landesgericht (BayObLG) im Musterverfahren nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG) gegen EY u.a. den Musterkläger bestimmt. In diesem Musterverfahren wird das BayObLG nun gebündelt für alle Parallelverfahren die wesentlichen Sach- und Rechtsfragen zu einer möglichen Haftung der Musterbeklagten klären.

Im Folgenden erhalten Sie einen kurzen Überblick über die möglichen Handlungsoptionen sowie die entstehenden Kosten:

 

Anmeldung der Ansprüche zum Musterverfahren

 

Geschädigte Anleger, welche ihre Ansprüche bisher nicht in einem Ausgangsverfahren gerichtlich geltend gemacht haben, können ihre Schadensersatzansprüche innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab Veröffentlichung des Beschlusses im Bundesanzeiger schriftlich gegenüber dem BayObLG zum Musterverfahren anmelden. Für die Anspruchsanmeldung besteht Anwaltszwang.

Vorteile der Anmeldung:

Mit der Anmeldung zum Musterverfahren kann die Verjährung der Ansprüche kostengünstig gehemmt werden, ohne dass der geschädigte Anleger selbst Klage erheben muss. Hierdurch kann der Ausgang des Musterverfahrens ohne eigenes Prozesskostenrisiko abgewartet werden.

Zwar begründet die Anmeldung keine Beteiligung am Musterverfahren, allerdings profitieren die Anmelder von den im Musterverfahren getroffenen Feststellungen und Rechtsfragen, ohne vorerst selbst den deutlich kostenintensiveren Klageweg beschreiten zu müssen.

Nach Abschluss Musterverfahrens ist kann sich der Anmelder sodann entscheiden, ob es sinnvoll ist, die Ansprüche durch Erhebung einer individuellen Klage geltend zu machen. Die Klage ist innerhalb von drei Monaten nach dem rechtskräftigen Ende des Musterverfahrens zu erheben.

 

Zudem besteht die Möglichkeit, auf Grundlage der Entscheidung im Musterverfahren eine außergerichtliche Einigung mit den Beteiligten zu erzielen und damit weitere Kosten für einen Prozess zu vermeiden.

Die Anspruchsanmeldung ist mit einem überschaubaren Kostenaufwand verbunden und deutlich günstiger als ein Einzelklageverfahren.

Die Kosten der Anmeldung zum KapMuG betragen von Gesetzes wegen eine sogenannte 0,8 Anwaltsgebühr und eine 0,5 Gerichtsgebühr und sind streitwertabhängig.

 

Alternative Handlungsmöglichkeit: Einzelklage

 

Alternativ besteht weiterhin die Möglichkeit, dass Sie Ihre Schadensersatzansprüche im Wege der Klage gerichtlich geltend machen. Dadurch werden Sie Beteiligter des Musterverfahrens und sind als solcher an einen Musterentscheid oder einen im Musterverfahren geschlossenen Vergleich rechtlich gebunden. Zwar wird eine Klage während der Dauer des Musterverfahrens ausgesetzt. Die Klage sorgt aber von Anfang an für eine Hemmung der Verjährung. Nach Abschluss des Musterverfahrens wird die Klage wiederaufgenommen.

Jeder Anleger der derzeit von der Klageerhebung absieht und damit bis nach Abschluss des Musterverfahrens warten möchte, sollte zumindest seine Ansprüche innerhalb der nächsten sechs Monate verjährungshemmend im Musterverfahren anmelden. Wir freuen uns, wenn wir Sie bei der Durchsetzung Ihrer Rechte unterstützen dürfen.

 

Weitere Informationen:

 

Frau Anna-Maria Delotto ist Rechtsanwältin bei Bendel & Partner an unserem Standort Würzburg. Frau Delotto berät insbesondere zu allen Fragestellungen des Insolvenzrechts. Der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit liegt dabei in der Insolvenzanfechtung sowie der Gläubigervertretung in Insolvenzverfahren. Seit 2021 wird sie als Insolvenzverwalterin bestellt. Daneben berät Frau Delotto im Handels- und Gesellschaftsrecht.

Frau Melanie Thiemann, LL.M. Eur. ist Rechtsanwältin bei Bendel & Partner an unserem Standort Würzburg. Frau Thiemann berät insbesondere zum Verwaltungsrecht und Insolvenzrecht. Darüber hinaus ist sie auch im Vergaberecht tätig.

 

Hinweis: Die vorstehend gemachten Ausführungen geben nur einen unverbindlichen Überblick zu einem komplexen zivilgerichtlichen Rechtsstreit. Die Darstellungen erheben daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit und ersetzen nicht eine individuelle Beratung.

Die Haftung des GmbH – Geschäftsführers für Compliance – Verstöße

Erstellt am: Donnerstag, 9. Februar 2023 von BP-Admin

Compliance – ein Stichwort, welches früher allenfalls Geschäftsleitern größerer Unternehmen und börsennotierter Aktiengesellschaften ein Begriff war, gewinnt nunmehr – auch in der forensischen Praxis – einen immer größeren Stellenwert.

In einem Urteil aus dem März 2022 hat das Oberlandesgericht Nürnberg erneut die Verpflichtung der Unternehmensleitung betont, ein Compliance Management System (CMS) zu etablieren und eine Geschäftsführerhaftung bei Fehlen eines solchen in den Blick genommen.

Im dem vom OLG Nürnberg entschiedenen Fall klagte ein Unternehmen der Mineralölindustrie, welches in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG organisiert war. Die Leitung der Komplementär-GmbH oblag dem Beklagten als Geschäftsführer.

Das Unternehmen gab an seine Kunden – Unternehmen mit größerem Fuhrpark – auf deren Antrag Tankkarten aus. Fahrer der Kunden konnten mit diesen Tankkarten und bei Eingabe der entsprechenden PIN in den von dem Unternehmen betriebenen Tankstellen bargeldlos tanken.

Alle Tankvorgänge für alle Tankkarten des jeweiligen Kunden wurden diesem sodann monatlich in Rechnung gestellt, wobei für die Kartenkunden jeweils ein Kreditlimit festgelegt wurde.

Bis zum Jahr 2006 wurde dabei die Einhaltung des Kreditlimits für ausgegebene Tankkarten und die jeweiligen Tankkartenkunden nicht kontrolliert.

Dies führte in der Vergangenheit dazu, dass zwei Kunden das ihnen eingeräumte Kartenlimit überzogen, was in letzter Konsequenz zu Forderungsausfällen führte.

Um diesem Missstand zu begegnen fasste der Beirat des Unternehmens im Jahr 2006 einen Beschluss über „beiratspflichtige Vorgänge“.

Dieser Beschluss hatte unter anderem zum Gegenstand, dass ungesicherte Tankkredite auf einen Betrag von 25.000 EUR begrenzt werden sollten; darüberhinausgehende Kredite sollten dem Beirat zur Genehmigung vorgelegt werden. Hierbei sah der Beschluss ein wöchentliches Reporting sowie Berichtspflichten durch Mitarbeiter des Controllings vor.

Sodann fanden im Jahr 2012 zweitägige Geschäftsführerschulungen statt, an denen jeweils auch der Beklagte teilnahm. Im Rahmen dieser Tagung wurden die Beschlüsse des Beirats sowie das zur Umsetzung der Beschlüsse notwendige Vier-Augen-Prinzip sowie die Pflichten eines Geschäftsführers im Rahmen des Mahnwesens erläutert.

In den Jahren 2012 und 2013 kam es zu Untreuehandlungen eines Arbeitnehmers zulasten des Unternehmens, da dieser die Kreditkartenlimits der Kundenfirmen manipulierte, was letzten Endes zur verspäteten Geltendmachung offener Forderungen und in letzter Konsequenz zu Forderungsausfällen in sechsstelliger Höhe führte.

Diese Forderungsausfälle wurden unter anderem dadurch ermöglicht, dass das Vier-Augen-Prinzip seitens des Beklagten nicht eingehalten wurde.

das Unternehmen verlangte daher von dem Geschäftsführer als verantwortlichem Unternehmensleiter Schadensersatz in Höhe des Forderungsausfalls.

 

Verfahrensgeschichte

 

Sowohl das Landgericht Nürnberg – Fürth in der Ausgangsinstanz als auch das Oberlandesgericht Nürnberg in der Berufungsinstanz erachteten die Schadensersatzklage für begründet und verurteilten den Beklagten zu Schadensersatz in Höhe des Forderungsausfalls. Als Anspruchsgrundlage für die Schadensersatzhaftung des Beklagten wurde § 43 Abs.2 GmbHG herangezogen. Dagegen wehrte sich der Geschäftsführer.

 

Rechtliche Würdigung des OLG Nürnberg

 

Dennoch blieb es bei einer Verurteilung des Geschäftsführers.

  • 43 Abs.2 GmbHG bestimmt, dass Geschäftsführer, welche ihre Obliegenheiten verletzen, der Gesellschaft solidarisch für den entstandenen Schaden haften. Zu den Obliegenheiten im Sinne der Vorschrift zählen vor allem die Geschäftsführerpflichten aus § 43 Abs.1 GmbHG, wonach die Geschäftsführer in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden haben.

Der Senat führt hinsichtlich der Geschäftsführerobliegenheiten im Zusammenhang mit der Etablierung eines Compliance Management Systems folgendes aus:

Aus der Legalitätspflicht folgt die Verpflichtung des Geschäftsführers zur Einrichtung eines Compliance Management Systems, also zu organisatorischen Vorkehrungen, die die Begehung von Rechtsverstößen durch die Gesellschaft oder deren Mitarbeiter verhindern.

Dabei ist der Geschäftsführer nicht nur verpflichtet, den Geschäftsgang so zu überwachen oder überwachen zu lassen, dass er unter normalen Umständen mit einer ordnungsgemäßen Erledigung der Geschäfte rechnen kann; er muss vielmehr weitergehend sofort eingreifen, wenn sich Anhaltspunkte für ein Fehlverhalten zeigen.“

 

Fazit

 

Der 12. Zivilsenat des OLG Nürnberg erhebt mit diesem Urteil die Verpflichtung des Geschäftsführers zur Einrichtung eines Compliance Managements Systems (CMS) zu einer Geschäftsführerobliegenheit, deren Verletzung zu Schadensersatzpflichten des Geschäftsführers gegenüber der Gesellschaft führen kann.

 

Sie haben Fragen im Bereich Compliance Management System oder Fragen zur Geschäftsführer – / Vorstandshaftung?

Wir beraten Sie gerne.

 

Weitere Informationen:

 

Herr Daniel Kossmann ist Rechtsanwalt bei Bendel & Partner an unserem Standort Würzburg. Herr Kossmann berät in allen Fragen des Handels- und Gesellschaftsrechts.

 

Was tun bei der Insolvenz des Bauträgers?

Erstellt am: Mittwoch, 8. Februar 2023 von BP-Admin

Es ist der Alptraum eines jeden Erwerbers: der Kauf eines Hauses oder einer Wohnung vom Bauträger und dieser fällt während des Baus in die Insolvenz. Für den Erwerber bringt dies große Unsicherheit mit sich – muss der lang gehegte Traum von den eigenen vier Wänden nunmehr aufgegeben werden? Ist das Eigenheim verloren?

Bauträgervertrag als gemischter Vertrag

Der Bauträgervertrag zeichnet sich dadurch aus, dass er aus zwei Elementen besteht. Zum einen der kaufvertragliche Teil: der Bauträger ist verpflichtet, dem Eigentümer das Eigentum am erworbenen Grundstück zu verschaffen. Zum anderen der werkvertragliche Teil: der Bauträger schuldet die Errichtung des Hauses bzw. der Wohnung.

Diese gemischte Vertragsnatur hat Konsequenzen für die Insolvenz: der Bauträgervertrag wird in zwei selbständige Teile aufgespalten und diese unterschiedlich behandelt.

 

Die Behandlung des Bauträgervertrages in der Insolvenz

Der Eigentumsverschaffungsanspruch, der durch eine sogenannte Vormerkung gesichert wird, ist gem. § 106 InsO insolvenzfest. Die Folge ist, dass der Erwerber vom Insolvenzverwalter die Übereignung des Grundstücks gegen Zahlung des Grundstückskaufpreises verlangen kann, soweit dieser im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung noch aussteht und zwar unabhängig vom rechtlichen Schicksal des werkvertraglichen Teils.

Für diesen gilt § 103 InsO. Demnach steht dem Insolvenzverwalter des Bauträgers das Wahlrecht zu, ob er den Vertrag erfüllt und das Haus/die Wohnung fertigstellt oder ob er die Erfüllung verweigert. Wird die Erfüllung verweigert, kann die Fertigstellung des Objekts nicht mehr durchgesetzt werden. Der Erwerber kann seine Schadensersatzansprüche wegen der Nichterfüllung der werkvertraglichen Pflichten lediglich zur Insolvenztabelle anmelden und erhält hierauf die sich im Insolvenzverfahren ergebende Quote.

 

Die Gläubiger des Bauträgers

Neben den Interessen des Erwerbers sind in der Insolvenz des Bauträgers die Interessen der Gläubiger des Bauträgers, insbesondere der finanzierenden Banken, von Bedeutung.

Die Banken des Bauträgers sind in der Regel durch Grundpfandrechte an dem erworbenen Objekt gesichert. Diese gehen auch der Auflassungsvormerkung zugunsten des Erwerbers vor. Die Insolvenzabsicherung des Erwerbers erfolgt durch eine sogenannte Freistellungserklärung der Bank des Bauträgers gemäß § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 MaBV. Durch diese Erklärung versichert die Bank, dass ihre Sicherheiten am Objekt gelöscht werden, wenn der Erwerber die geschuldete Vertragssumme gezahlt hat. Nach § 3 Abs. 1 S. 3 kann sich die Bank jedoch für den Fall, dass das Bauvorhaben nicht beendet wird, anstelle der Freistellungserklärung vorbehalten, alle Anzahlungen, die der Erwerber geleistet hat, bis zum anteiligen Wert des Objekts zurückzuzahlen. Dies hätte zur Folge, dass die Bank mit ihren Sicherheiten in voller Höhe im Grundbuch verbleibt und wegen ihrer Forderungen gegen den Bauträger in das nur teilweise fertig gestellte Objekt vollstrecken könnte.

 

Abwicklungsvereinbarung

Da auch die Banken aufgrund unsicherer Verwertungsmöglichkeiten in der Regel kein Interesse daran haben, wegen ihrer Forderungen die Zwangsvollstreckung in das Objekt zu betreiben, werden in der Praxis die verschiedenen Interessen durch dreiseitige Abwicklungsvereinbarungen zwischen Insolvenzverwalter, Banken und Erwerber zum Ausgleich gebracht.

Sollten Sie sich in einer solchen Situation befinden, unterstützen wir Sie mit unserer gebündelten Expertise im Insolvenzrecht und Bauträgerrecht.

Natürlich stehen wir Ihnen auch allgemein beratend beim Abschluss eines Bauträgervertrages zur Seite.

 

Weitere Informationen:

 

Frau Melanie Thiemann, LL.M. Eur. ist Rechtsanwältin bei Bendel & Partner an unserem Standort Würzburg. Frau Thiemann berät insbesondere zum Verwaltungsrecht und Insolvenzrecht. Darüber hinaus ist sie auch im Vergaberecht tätig.

 

Herr Johannes Hofmann ist Rechtsanwalt bei Bendel & Partner an unserem Standort Würzburg und seit 2023 Partner der Kanzlei. Als Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht berät er in allen Fragestellungen zum Privaten Baurecht sowie zum Architektenrecht und Ingenieurrecht. Der Schwerpunkt seiner Tätigkeit liegt dabei im Bauträgerrecht und Maklerrecht. Daneben berät Herr Hofmann auch im Vereinsrecht.