Beiträge mit dem Schlagwort ‘Insolvenzberatung’

Eröffnung des Musterverfahrens des Bayerischen Obersten Landgerichts im Fall Wirecard

Erstellt am: Dienstag, 4. April 2023 von Riethmann

Mit dem am 16. März 2023 im Bundesanzeiger veröffentlichten Beschluss (Az.: 101 Kap 1/22) hat das Bayerische Oberste Landesgericht (BayObLG) im Musterverfahren nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG) gegen EY u.a. den Musterkläger bestimmt. In diesem Musterverfahren wird das BayObLG nun gebündelt für alle Parallelverfahren die wesentlichen Sach- und Rechtsfragen zu einer möglichen Haftung der Musterbeklagten klären.

Im Folgenden erhalten Sie einen kurzen Überblick über die möglichen Handlungsoptionen sowie die entstehenden Kosten:

 

Anmeldung der Ansprüche zum Musterverfahren

 

Geschädigte Anleger, welche ihre Ansprüche bisher nicht in einem Ausgangsverfahren gerichtlich geltend gemacht haben, können ihre Schadensersatzansprüche innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab Veröffentlichung des Beschlusses im Bundesanzeiger schriftlich gegenüber dem BayObLG zum Musterverfahren anmelden. Für die Anspruchsanmeldung besteht Anwaltszwang.

Vorteile der Anmeldung:

Mit der Anmeldung zum Musterverfahren kann die Verjährung der Ansprüche kostengünstig gehemmt werden, ohne dass der geschädigte Anleger selbst Klage erheben muss. Hierdurch kann der Ausgang des Musterverfahrens ohne eigenes Prozesskostenrisiko abgewartet werden.

Zwar begründet die Anmeldung keine Beteiligung am Musterverfahren, allerdings profitieren die Anmelder von den im Musterverfahren getroffenen Feststellungen und Rechtsfragen, ohne vorerst selbst den deutlich kostenintensiveren Klageweg beschreiten zu müssen.

Nach Abschluss Musterverfahrens ist kann sich der Anmelder sodann entscheiden, ob es sinnvoll ist, die Ansprüche durch Erhebung einer individuellen Klage geltend zu machen. Die Klage ist innerhalb von drei Monaten nach dem rechtskräftigen Ende des Musterverfahrens zu erheben.

 

Zudem besteht die Möglichkeit, auf Grundlage der Entscheidung im Musterverfahren eine außergerichtliche Einigung mit den Beteiligten zu erzielen und damit weitere Kosten für einen Prozess zu vermeiden.

Die Anspruchsanmeldung ist mit einem überschaubaren Kostenaufwand verbunden und deutlich günstiger als ein Einzelklageverfahren.

Die Kosten der Anmeldung zum KapMuG betragen von Gesetzes wegen eine sogenannte 0,8 Anwaltsgebühr und eine 0,5 Gerichtsgebühr und sind streitwertabhängig.

 

Alternative Handlungsmöglichkeit: Einzelklage

 

Alternativ besteht weiterhin die Möglichkeit, dass Sie Ihre Schadensersatzansprüche im Wege der Klage gerichtlich geltend machen. Dadurch werden Sie Beteiligter des Musterverfahrens und sind als solcher an einen Musterentscheid oder einen im Musterverfahren geschlossenen Vergleich rechtlich gebunden. Zwar wird eine Klage während der Dauer des Musterverfahrens ausgesetzt. Die Klage sorgt aber von Anfang an für eine Hemmung der Verjährung. Nach Abschluss des Musterverfahrens wird die Klage wiederaufgenommen.

Jeder Anleger der derzeit von der Klageerhebung absieht und damit bis nach Abschluss des Musterverfahrens warten möchte, sollte zumindest seine Ansprüche innerhalb der nächsten sechs Monate verjährungshemmend im Musterverfahren anmelden. Wir freuen uns, wenn wir Sie bei der Durchsetzung Ihrer Rechte unterstützen dürfen.

 

Weitere Informationen:

 

Frau Anna-Maria Delotto ist Rechtsanwältin bei Bendel & Partner an unserem Standort Würzburg. Frau Delotto berät insbesondere zu allen Fragestellungen des Insolvenzrechts. Der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit liegt dabei in der Insolvenzanfechtung sowie der Gläubigervertretung in Insolvenzverfahren. Seit 2021 wird sie als Insolvenzverwalterin bestellt. Daneben berät Frau Delotto im Handels- und Gesellschaftsrecht.

Frau Melanie Thiemann, LL.M. Eur. ist Rechtsanwältin bei Bendel & Partner an unserem Standort Würzburg. Frau Thiemann berät insbesondere zum Verwaltungsrecht und Insolvenzrecht. Darüber hinaus ist sie auch im Vergaberecht tätig.

 

Hinweis: Die vorstehend gemachten Ausführungen geben nur einen unverbindlichen Überblick zu einem komplexen zivilgerichtlichen Rechtsstreit. Die Darstellungen erheben daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit und ersetzen nicht eine individuelle Beratung.

Vom COVInsAG zum SanInsKG:

Erstellt am: Donnerstag, 17. November 2022 von Riethmann

Modifizierung der Insolvenzantragspflicht

Am 09.11.2022 sind die jüngsten Änderungen im Insolvenzrecht in Kraft getreten. Das im Zuge der Corona-Krise eingeführte COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz – COVInsAG wurde umbenannt in das Sanierungs- und insolvenzrechtliche Krisenfolgenabmilderungsgesetz (SanInsKG). Änderungen ergeben sich inhaltlich bei der Insolvenzantragspflicht wegen Überschuldung.

Verlängerung des Zeitraums der Insolvenzantragsfrist bei Überschuldung

In der Regel muss ein Insolvenzantrag bei juristischen Personen vom Geschäftsführer innerhalb von sechs Wochen nach Eintritt der Überschuldung gestellt werden. Diese Zeitspanne wird im Zeitraum vom 09.11.2022 bis 31.12.2023 auf acht Wochen verlängert.

Verkürzung des Prognosezeitraums

Anpassungen erfolgten auch bei den Voraussetzungen der Überschuldungsprüfung. Während üblicherweise keine Überschuldung im insolvenzrechtlichen Sinne vorliegt, wenn der Unternehmensfortbestand in den nächsten zwölf Monaten überwiegend wahrscheinlich ist, wird dieser Prognosezeitraum im Zeitraum vom 09.11.2022 bis 31.12.2023 auf vier Monate verkürzt. Unternehmen müssen somit für einen wesentlich kürzeren Zeitraum überlebensfähig sein, als bislang.

Durch diese Regelungen soll Unternehmen angesichts der Energiekrise Luft verschafft werden. Anders als zu Corona-Zeiten und anders als zwischenzeitlich diskutiert, wurde die Insolvenzantragspflicht jedoch nicht gänzlich ausgesetzt.

Haftungsrisiko Insolvenzantragstellung

Wird nicht rechtzeitig Insolvenzantrag gestellt, droht Geschäftsführer von juristischen Personen die persönliche Haftung. Wenn Sie unsicher sind, ob die Voraussetzungen für die Stellung eines Insolvenzantrages bei Ihrem Unternehmen vorliegen, kommen Sie zu uns und lassen sich beraten.

 

 

Weitere Informationen

 

Frau Melanie Thiemann, LL.M. Eur. ist Rechtsanwältin bei Bendel & Partner an unserem Standort Würzburg. Frau Thiemann berät insbesondere zum Verwaltungsrecht und Vergaberecht

Das Schutzschirmverfahren zur Bewältigung der Krise

Erstellt am: Dienstag, 7. April 2020 von JHofmann

Wir brauchen keine neuen Gesetze – das dieser Wochen und Monate richtige Verfahren zur Bewältigung der Passivseite eines jeden Schuldners ist schon längst in die Insolvenzordnung eingepflegt worden. Das sog. Schutzschirmverfahren gem. § 207b InsO als eine Spielart der vorläufigen Eigenverwaltung.

Das Schutzschirmverfahren stellt ein Moratorium dar, während dessen der Schuldner die Sanierung unter dem Schutzmantel der Insolvenzordnung vorbereiten kann.

Das Schutzschirmverfahren ist dabei allerdings nicht als vollständiges Moratorium (kein Kündigungsschutz für Verträge, kein Schutz vor Fälligstellung durch Gläubiger, vgl. BT-Drucks. 17/5712, S. 40), wohl aber als Vollstreckungsschutzverfahren für die Dauer des Insolvenzeröffnungsverfahrens ausgestaltet, während dessen der Schuldner unter dem Schutz der Insolvenzordnung und etwaig anzuordnender Sicherungsmaßnahmen (§ 270 b Abs. 2 Satz 3 InsO) die nötige Zeit erhalten soll, einen Sanierungsplan zu aufzustellen und diesen in dem rechtlichen Kleid des Insolvenzplans bei Gericht einzureichen (Hölzle, ESUG, 2. Auflage, § 270 b, Rn. 3).

Durch das Schutzschirmverfahren wird in erster Linie der richterliche Handlungsspielraum im Eröffnungsverfahren eingeschränkt. Dies hat nach Willen des Gesetzgebers zum Zweck, dass durch die bessere Planbarkeit des Verfahrens aus Sicht des Schuldners einen Anreiz zur frühzeitigen Insolvenzantragstellung und damit zu einer Sanierung des insolventen Unter-nehmens geboten werden kann (Begr. RegE zu § 270 b InsO, BT-Drucks. 17/5712, S. 40).

Der Schuldner wird nicht umhin kommen sich in der Eigenverwaltung und in der Einleitung des Verfahrens umfangreich insolvenzrechtlich beraten zu lassen. Ist eine derartige Beratung nicht gewährleistet, droht letztlich sogar die Ablehnung der Eigenverwaltung wegen zu befürchtender Nachteile gemäß § 270 Abs. 2 Nr. 2 InsO (Hofmann, Eigenverwaltung, Rn. 561).

Gerne unterstützen wir Sie bei Insolvenz- und Sanierungsfragen.

 

Weitere Informationen

Herr Stefan Strüwind ist Rechtsanwalt bei Bendel & Partner an unserem Standort München. Er ist seit einem Jahrzehnt im Insolvenzrecht tätig. Er wird bislang von den Amtsgerichten Augsburg, München und Hanau zum Gutachter, Insolvenzverwalter und Treuhänder bestellt. Sein Tätigkeitsschwerpunkt ist neben der bestmöglichen Gläubigerbefriedigung die Sanierung und Übertragung von Unternehmen, die in eine wirtschaftliche Schieflage geraten sind.