Beiträge mit dem Schlagwort ‘Rechtsberatung’

Die Haftung des GmbH – Geschäftsführers für Compliance – Verstöße

Erstellt am: Donnerstag, 9. Februar 2023 von Riethmann

Compliance – ein Stichwort, welches früher allenfalls Geschäftsleitern größerer Unternehmen und börsennotierter Aktiengesellschaften ein Begriff war, gewinnt nunmehr – auch in der forensischen Praxis – einen immer größeren Stellenwert.

In einem Urteil aus dem März 2022 hat das Oberlandesgericht Nürnberg erneut die Verpflichtung der Unternehmensleitung betont, ein Compliance Management System (CMS) zu etablieren und eine Geschäftsführerhaftung bei Fehlen eines solchen in den Blick genommen.

Im dem vom OLG Nürnberg entschiedenen Fall klagte ein Unternehmen der Mineralölindustrie, welches in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG organisiert war. Die Leitung der Komplementär-GmbH oblag dem Beklagten als Geschäftsführer.

Das Unternehmen gab an seine Kunden – Unternehmen mit größerem Fuhrpark – auf deren Antrag Tankkarten aus. Fahrer der Kunden konnten mit diesen Tankkarten und bei Eingabe der entsprechenden PIN in den von dem Unternehmen betriebenen Tankstellen bargeldlos tanken.

Alle Tankvorgänge für alle Tankkarten des jeweiligen Kunden wurden diesem sodann monatlich in Rechnung gestellt, wobei für die Kartenkunden jeweils ein Kreditlimit festgelegt wurde.

Bis zum Jahr 2006 wurde dabei die Einhaltung des Kreditlimits für ausgegebene Tankkarten und die jeweiligen Tankkartenkunden nicht kontrolliert.

Dies führte in der Vergangenheit dazu, dass zwei Kunden das ihnen eingeräumte Kartenlimit überzogen, was in letzter Konsequenz zu Forderungsausfällen führte.

Um diesem Missstand zu begegnen fasste der Beirat des Unternehmens im Jahr 2006 einen Beschluss über „beiratspflichtige Vorgänge“.

Dieser Beschluss hatte unter anderem zum Gegenstand, dass ungesicherte Tankkredite auf einen Betrag von 25.000 EUR begrenzt werden sollten; darüberhinausgehende Kredite sollten dem Beirat zur Genehmigung vorgelegt werden. Hierbei sah der Beschluss ein wöchentliches Reporting sowie Berichtspflichten durch Mitarbeiter des Controllings vor.

Sodann fanden im Jahr 2012 zweitägige Geschäftsführerschulungen statt, an denen jeweils auch der Beklagte teilnahm. Im Rahmen dieser Tagung wurden die Beschlüsse des Beirats sowie das zur Umsetzung der Beschlüsse notwendige Vier-Augen-Prinzip sowie die Pflichten eines Geschäftsführers im Rahmen des Mahnwesens erläutert.

In den Jahren 2012 und 2013 kam es zu Untreuehandlungen eines Arbeitnehmers zulasten des Unternehmens, da dieser die Kreditkartenlimits der Kundenfirmen manipulierte, was letzten Endes zur verspäteten Geltendmachung offener Forderungen und in letzter Konsequenz zu Forderungsausfällen in sechsstelliger Höhe führte.

Diese Forderungsausfälle wurden unter anderem dadurch ermöglicht, dass das Vier-Augen-Prinzip seitens des Beklagten nicht eingehalten wurde.

das Unternehmen verlangte daher von dem Geschäftsführer als verantwortlichem Unternehmensleiter Schadensersatz in Höhe des Forderungsausfalls.

 

Verfahrensgeschichte

 

Sowohl das Landgericht Nürnberg – Fürth in der Ausgangsinstanz als auch das Oberlandesgericht Nürnberg in der Berufungsinstanz erachteten die Schadensersatzklage für begründet und verurteilten den Beklagten zu Schadensersatz in Höhe des Forderungsausfalls. Als Anspruchsgrundlage für die Schadensersatzhaftung des Beklagten wurde § 43 Abs.2 GmbHG herangezogen. Dagegen wehrte sich der Geschäftsführer.

 

Rechtliche Würdigung des OLG Nürnberg

 

Dennoch blieb es bei einer Verurteilung des Geschäftsführers.

  • 43 Abs.2 GmbHG bestimmt, dass Geschäftsführer, welche ihre Obliegenheiten verletzen, der Gesellschaft solidarisch für den entstandenen Schaden haften. Zu den Obliegenheiten im Sinne der Vorschrift zählen vor allem die Geschäftsführerpflichten aus § 43 Abs.1 GmbHG, wonach die Geschäftsführer in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden haben.

Der Senat führt hinsichtlich der Geschäftsführerobliegenheiten im Zusammenhang mit der Etablierung eines Compliance Management Systems folgendes aus:

Aus der Legalitätspflicht folgt die Verpflichtung des Geschäftsführers zur Einrichtung eines Compliance Management Systems, also zu organisatorischen Vorkehrungen, die die Begehung von Rechtsverstößen durch die Gesellschaft oder deren Mitarbeiter verhindern.

Dabei ist der Geschäftsführer nicht nur verpflichtet, den Geschäftsgang so zu überwachen oder überwachen zu lassen, dass er unter normalen Umständen mit einer ordnungsgemäßen Erledigung der Geschäfte rechnen kann; er muss vielmehr weitergehend sofort eingreifen, wenn sich Anhaltspunkte für ein Fehlverhalten zeigen.“

 

Fazit

 

Der 12. Zivilsenat des OLG Nürnberg erhebt mit diesem Urteil die Verpflichtung des Geschäftsführers zur Einrichtung eines Compliance Managements Systems (CMS) zu einer Geschäftsführerobliegenheit, deren Verletzung zu Schadensersatzpflichten des Geschäftsführers gegenüber der Gesellschaft führen kann.

 

Sie haben Fragen im Bereich Compliance Management System oder Fragen zur Geschäftsführer – / Vorstandshaftung?

Wir beraten Sie gerne.

 

Weitere Informationen:

 

Herr Daniel Kossmann ist Rechtsanwalt bei Bendel & Partner an unserem Standort Würzburg. Herr Kossmann berät in allen Fragen des Handels- und Gesellschaftsrechts.

 

Neues zum Urlaubs(abgeltungs)anspruch

Erstellt am: Freitag, 3. Februar 2023 von Riethmann

Die Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts zum Urlaubsanspruch reißen nicht ab.

Nachdem das Bundesarbeitsgericht Ende 2022 entschieden hatte, dass der Urlaubsanspruch im bestehenden Arbeitsverhältnis nicht verjähren kann, wenn der Arbeitgeber seiner Hinweispflicht nicht ausreichend nachkommt, bestand vielfach die Befürchtung, dass jahrelang gesammelter, nicht genommener Urlaub des Altarbeitgebers abzugelten sei.

Dem hat das Bundesarbeitsgericht mit seiner Entscheidung vom 31.01.2023, 9 AZR 244/20 eine Absage erteilt und festgestellt, dass der gesetzliche Anspruch eines Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber, nicht genommenen Urlaub nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzugelten, nach Maßgabe einer tarifvertraglichen Ausschlussfrist verfallen kann.

Die Gefahr, mit nicht genommenen Urlaubsansprüchen ausgeschiedener Mitarbeiter konfrontiert zu werden, dürfte durch die Entscheidung gebannt sein.

 

Sie haben Fragen rund um Urlaubsansprüche – wir beraten Sie gerne.

 

Weitere Informationen

 

Herr Dr. Alexander Hess ist Rechtsanwalt bei Bendel & Partner an unserem Standort Würzburg und seit 2022 Partner der Kanzlei. Als Fachanwalt für Arbeitsrecht berät er in allen Fragen des individuellen und kollektiven Arbeitsrecht. Des Weiteren berät er zu allen Fragestellungen des Handels- und Gesellschaftsrechts sowie des Wirtschaftssozialrechts.

Keine bauablaufbezogene Darstellung: Kein Schadensersatz wegen Behinderungen!

Erstellt am: Montag, 30. Januar 2023 von Riethmann

OLG Stuttgart, Urteil vom 17.03.2020, Az.: 10 U 310/19; Nichtzulassungsbeschwerde vom BGH mit Beschluss vom 26.01.2022 – VII ZR 51/20 zurückgewiesen

 

Immer wieder scheitern Klagen, in denen Schadensersatz wegen Behinderungen des Bauablaufs geltend gemacht wird, an der unzulänglichen Darstellung des Bauablaufes. Die erfolgreiche Durchsetzung setzt nämlich eine möglichst lückenlose Dokumentation voraus.

Macht der Auftragnehmer Ansprüche wegen Störungen des Bauablaufes geltend, hat er zunächst darzulegen, wie der ursprüngliche Bauablaufplan aussah und durch welche Ereignisse es wann zu welcher konkreten Behinderung aus der Sphäre des Auftraggebers kam. Des Weiteren hat er darzustellen, wann die Behinderung angezeigt wurde und wie der Auftraggeber hierauf reagierte. Im Prozess hat der Auftragnehmer schließlich zu beweisen, wie sich die Behinderung zeitlich auf den weiteren Bauablauf ausgewirkt hat und weshalb die eingetretene Störung bzw. Verzögerung von ihm nicht kompensiert werden konnte.

Der BGH hat hierzu wiederholt entschieden, dass es dem Auftragnehmer zuzumuten sei, eine aussagekräftige Dokumentation zu erstellen, aus der sich die Behinderung sowie deren Dauer und deren Umfang und die hieraus resultierenden Folgen für den Bauablauf ergeben.

 

Praxistipp: Der Auftragnehmer sollte schon während der Baumaßnahme dokumentieren, wann die vom Auftraggeber zu vertretende konkrete Behinderung in der Ausführung anstehender Arbeiten auftrat, wann er diese Behinderung dem Auftraggeber angezeigt hat, wie lange sie andauerte, wie sich die Behinderung auf den Bauablauf konkret ausgewirkt hat und welche Kompensationsleistungen erbracht wurden.

 

Weitere Informationen:

 

Herr Johannes Hofmann ist Rechtsanwalt bei Bendel & Partner an unserem Standort Würzburg. Als Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht berät er in allen Fragestellungen zum Privaten Baurecht sowie zum Architektenrecht und Ingenieurrecht. Der Schwerpunkt seiner Tätigkeit liegt dabei im Bauträgerrecht und Maklerrecht. Daneben berät Herr Hofmann auch im Vereinsrecht.

Nachgefragt… welche Auswirkung hat die Angabe der Gewährleistungsfrist im Abnahmeprotokoll?

Erstellt am: Mittwoch, 25. Januar 2023 von Riethmann

Im Zuge der Abnahme wird oftmals im Abnahmeprotokoll vermerkt, wann die Gewährleistungsfrist beginnt und wann diese endet. Solange diese Angabe sich mit den vertraglichen Vereinbarungen deckt, handelt es sich dabei nur um eine klarstellende Angabe.

Oft kommt es jedoch vor, dass im Abnahmeprotokoll etwas anderes festgehalten wird, als zuvor im Vertrag vereinbart wurde. Entweder wird der Beginn der Gewährleistungsfrist abweichend festgehalten oder deren Dauer – z.B. fünf anstelle von vier Jahren – unterscheidet sich von den vertraglichen Vereinbarungen.

Hier stellt sich dann die Frage, ob die Festlegungen im Vertrag oder im Abnahmeprotokoll maßgeblich sind.

Wichtig ist dabei, dass es grundsätzlich möglich ist, durch die Angaben im Abnahmeprotokoll die ursprünglich im Bauvertrag getroffenen Vereinbarungen abzuändern.

In der Vergangenheit haben die Gerichte dem Abnahmeprotokoll sogar häufig den Vorrang eingeräumt und unterstellt, dass darin getroffene Abweichungen auch tatsächlich den Vertrag modifizieren sollten. Dies wurde damit begründet, dass die Parteien im Rahmen der rechtsgeschäftlichen Abnahme stets damit rechnen müssten, dass hierbei auch Erklärungen zum Beginn oder der Dauer der Gewährleistung getroffen werden.

Zuletzt hat der BGH jedoch festgestellt, dass im Einzelfall zu prüfen ist, ob die Parteien mit der abweichenden Festlegung im Abnahmeprotokoll tatsächlich eine einvernehmliche Vertragsänderung treffen wollten, oder ob lediglich eine versehentlich falsche Angabe vorliegt. Diese Prüfung ist von den Gerichten im Zuge der freien Beweiswürdigung vorzunehmen.

Demnach lässt eine im Abnahmeprotokoll angegebene, vom Vertrag abweichende Gewährleistungsfrist also nicht mehr ohne Weiteres den Schluss auf eine einvernehmliche vertragliche Abänderung der Gewährleistungsfrist zu. Vielmehr muss anhand der Gesamtumstände festgestellt werden, ob die Parteien mit der Angabe einer vom Vertrag abweichenden Gewährleistungsfrist bewusst von dem Vertrag abweichen wollten

Ungeachtet dessen sollte darauf geachtet werden, dass im Abnahmeprotokoll nicht versehentlich ungünstige Gewährleistungsfristen festgehalten werden, um sich keiner unnötigen Diskussion oder gar einem Rechtsstreit auszusetzen. Hierbei besteht immer das Risiko einer nachteiligen Entscheidung.

 

Weitere Informationen

 

Herr Johannes Hofmann ist Rechtsanwalt bei Bendel & Partner an unserem Standort Würzburg. Als Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht berät er in allen Fragestellungen zum Privaten Baurecht sowie zum Architektenrecht und Ingenieurrecht. Der Schwerpunkt seiner Tätigkeit liegt dabei im Bauträgerrecht und Maklerrecht. Daneben berät Herr Hofmann auch im Vereinsrecht.

Insolvenz des Arbeitgebers – was Arbeitnehmer wissen müssen

Erstellt am: Freitag, 4. November 2022 von Riethmann

Steigende Energiepreise, der Ukrainekrieg und eine historisch schlechte Konsumstimmung sind die Ursachen für einen spürbaren Anstieg an Unternehmensinsolvenzen. Nicht nur im Einzelhandel stehen die Zeichen auf Sturm.

Viele Arbeitnehmer fragen sich derzeit, wie es um ihr Arbeitsverhältnis und  ihre Lohnansprüche steht, wenn der Arbeitgeber Insolvenz anmeldet.

Das Wichtigste in Kürze:

 

Endet das Arbeitsverhältnis mit der Insolvenz automatisch?

 

Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens endet das Arbeitsverhältnis nicht automatisch, sondern besteht mit Wirkung für die Insolvenzmasse fort. Der Insolvenzverwalter tritt in die Rechte und Pflichten des Arbeitgebers aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis ein.

 

Wie verhält es sich mit meinen offenen Lohnansprüchen die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sind?

 

Regelmäßig stellt der Arbeitgeber bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Zahlungen ein. Für den Arbeitnehmer stellt sich dann die Frage, was mit den offenen Lohnansprüchen passiert. Grundsätzlich gilt hierbei, dass Lohnansprüche vor der Insolvenz gewöhnliche Insolvenzforderungen darstellen, die beim Insolvenzverwalter angemeldet werden können und mit den übrigen Insolvenzforderungen quotal befriedigt werden. Da die Quote oftmals im einstelligen Prozentbereich liegt, ist damit dem Arbeitnehmer nicht geholfen. Der Arbeitnehmer kann daher bei der Bundesagentur für Arbeit Insolvenzgeld beantragen. Das Insolvenzgeld wird für maximal 3 Monate gewährt.

 

Von wem erhalte ich Lohn nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens?

 

Besteht das Arbeitsverhältnis über den Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung fort, werden Lohnansprüche der Arbeitnehmer zu sogenannten Masseverbindlichkeiten, die aus der Insolvenzmasse zu berichtigen sind. Die Lohnansprüche sind in diesem Fall vor den einfachen Insolvenzforderungen privilegiert.

 

Was muss der Arbeitnehmer unbedingt beachten?

 

Arbeitnehmer müssen unbedingt beachten, dass Insolvenzgeld nur binnen 2 Monaten nach dem Eintritt des Insolvenzereignisses beantragt werden kann, es gilt insoweit eine gesetzliche Ausschlussfrist.

Sie sind von einer Insolvenz betroffen? Wir beraten Sie gerne.

 

Weitere Informationen:

 

Frau Dorothea Schäff ist Rechtsanwältin bei Bendel & Partner an unserem Standort Schweinfurt. Frau Schäff berät insbesondere zum individuellen Arbeitsrecht und kollektiven Arbeitsrecht.

Frau Anna-Maria Delotto ist Rechtsanwältin bei Bendel & Partner an unserem Standort Würzburg. Frau Delotto berät insbesondere zu allen Fragestellungen des Insolvenzrechts. Der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit liegt dabei in der Insolvenzanfechtung sowie der Gläubigervertretung in Insolvenzverfahren. Seit 2021 wird sie als Insolvenzverwalterin bestellt. Daneben berät Frau Delotto im Handels- und Gesellschaftsrecht.