Beiträge mit dem Schlagwort ‘Arbeitsrecht’

Arbeitszeiterfassung – Zurück zur Stechuhr?

Erstellt am: Mittwoch, 14. September 2022 von Riethmann

Das Bundesarbeitsgericht hat mit seiner Entscheidung vom 13.09.2022 für Aufsehen gesorgt.

Demnach sind Arbeitgeber verpflichtet, die Arbeitszeiten ihrer Arbeitnehmer vollständig zu erfassen, nicht nur, wie bis dato nach dem Arbeitszeitgesetz vorgegeben, die Überstunden und die Sonntagsarbeit.

Die Entscheidung dürfte erhebliche praktische Auswirkungen auf den, in den letzten Jahren verstärkt wahrzunehmenden Trend hin zu Vertrauensarbeitszeitmodellen haben. Auch das mobile Arbeiten und die Arbeit im Homeoffice dürften nun Einschränkungen erfahren, da durch das Urteil zwangsläufig mehr Kontrolle notwendig sein wird.

 

Sie haben Fragen zur Arbeitszeiterfassung? – wir beraten Sie gerne.

 

Weitere Informationen

 

Herr Dr. Alexander Hess ist Rechtsanwalt bei Bendel & Partner an unserem Standort Würzburg und seit 2022 Partner der Kanzlei. Als Fachanwalt für Arbeitsrecht berät er in allen Fragen des individuellen und kollektiven Arbeitsrecht. Des Weiteren berät er zu allen Fragestellungen des Handels- und Gesellschaftsrechts sowie des Wirtschaftssozialrechts.

 

Die Änderung des Nachweisgesetzes – was Arbeitgeber jetzt wissen müssen.

Erstellt am: Montag, 8. August 2022 von Riethmann

Seit dem 01.08.2022 sind weitreichende Änderungen des NachwG in Kraft getreten. Arbeitgeber sind zukünftig verpflichtet, einen nunmehr erweiterten Katalog an Mindestinhalten in Arbeitsverträgen schriftlich festzuhalten.

Was hat sich geändert?

 

Neben den bisherigen  Pflichtangaben müssen Arbeitsverträge seit  dem 1. August 2022 folgende weitere Pflichtangaben enthalten:

    • Das bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer einzuhaltende Verfahren, mindestens das Schriftformerfordernis und die Fristen für die Kündigung   des Arbeitsverhältnisses, sowie die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage
    • Zusammensetzung und Höhe des Arbeitsentgelts einschließlich der Vergütung von Überstunden, der Zuschläge, der Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie andere Bestandteile des Arbeitsentgeltes, die jeweils getrennt anzugeben sind, und deren Fälligkeit sowie die Art der Auszahlung
    • Sofern vereinbart, die Möglichkeit der Anordnung von Überstunden und deren Voraussetzungen
    • Sofern vereinbart die Dauer der Probezeit
    • Ein etwaiger Anspruch auf vom Arbeitgeber bereitgestellte Fortbildungen
    • Sofern vereinbart, die Wahl des Arbeitsortes durch den Arbeitnehmer
    • Die vereinbarte Arbeitszeit einschließlich Ruhepausen und Ruhezeiten sowie bei vereinbarter Schichtarbeit das Schichtsystem, der Schichtrhythmus und Voraussetzungen für Schichtänderungen
    • Wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine betriebliche Altersversorgung über einen Versorgungsträger zusagt, der Name und die Anschrift dieses Versorgungsträgers – wenn nicht der Versorgungsträger selbst dazu verpflichtet ist, den Arbeitnehmer selbst zu informieren
    • Bei befristeten Arbeitsverhältnissen das Enddatum
    • ein in allgemeiner Form gehaltener Hinweis auf die auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen sowie Regelungen paritätisch besetzter Kommissionen, die auf der Grundlage kirchlichen Rechts Arbeitsbedingungen für den Bereich kirchlicher Arbeitgeber festlegen

 

Was gilt für bestehende Arbeitsverhältnisse?

 

Arbeitsverhältnisse, die bereits vor dem 1. August 2022 begründet wurden, bleiben hingegen unverändert. Allerdings haben diese Mitarbeiter das Recht, vom Arbeitgeber die obigen Informationen einzufordern. Der Arbeitgeber hat diese dann binnen 7 Tagen schriftlich zu erteilen.

 

Was ist zu tun?

 

Arbeitgeber sollten schnellstmöglich ihre Arbeitsvertragsmuster an die Neuerungen des NachwG anpassen. Zudem sollten Arbeitgeber ein Nachweisschreiben für die bestehenden Arbeitsverhältnisse vorhalten.

Bei einem Verstoß gegen das NachwG droht zukünftig außerdem ein Bußgeld von bis zu 2.000 Euro pro Verstoß.

Gerne unterstützen wir Sie bei der Vertragsgestaltung und der Erstellung eines Nachweisschreibens an Ihre Arbeitnehmer.

 

Weitere Informationen

 

Frau Dorothea Schäff ist Rechtsanwältin bei Bendel & Partner an unserem Standort Schweinfurt. Frau Schäff berät insbesondere zum individuellen Arbeitsrecht und kollektiven Arbeitsrecht.

 

 

Der Equal Pay-Grundsatz bei der Arbeitnehmerüberlassung

Erstellt am: Mittwoch, 13. Oktober 2021 von JHofmann

Leiharbeit, auch Arbeitnehmerüberlassung genannt, ist ein beliebtes Mittel für Unternehmen, um flexibel auf einen schwankenden Bedarf an Beschäftigten reagieren zu können.

 

Equal Treatment und Equal Pay als Grundsätze der Arbeitnehmerüberlassung

Zentrale Grundsätze des Rechts der Arbeitnehmerüberlassung sind die Grundsätze des Equal Treatment und Equal Pay. Equal Treatment besagt, dass Zeitarbeitnehmer unter den gleichen Arbeitsbedingungen arbeiten, wie ihre festangestellten Kollegen. Dazu gehören die Arbeits- und Ruhezeiten, Pausen, Nacht- und Schichtarbeit und Urlaubstage. Equal Pay beinhaltet den Grundsatz der Gleichstellung des Entgelts für Zeitarbeitnehmer. Es soll dem Gehalt von Stammmitarbeitern gleichgestellt sein. Dabei bezieht sich die Gleichstellung nicht ausschließlich auf das monatliche Entgelt, sondern auch auf alle anderen Zusatzleistungen. Der Equal Pay Grundsatz greift ein, sobald ein Arbeitnehmer neun Monate in einem Unternehmen gearbeitet hat.

Verleiher sind dazu verpflichtet, einen schriftlichen “Arbeitnehmerüberlassungsvertrag” aufzusetzen. Der Entleiher darf den Leiharbeitnehmer maximal 18 Monate am Stück beschäftigen. Danach wird das Arbeitsverhältnis entweder aufgelöst oder der Leiharbeitnehmer übernommen.

 

Tarifverträge ermöglichen Abweichung vom Equal Pay Grundsatz

Eine Ausnahme vom Equal Pay – Grundsatz ermöglichen Tarifverträge. Diese heben den Gleichstellungsgrundsatz auf. Unternehmen können vom Equal Pay Grundsatz abweichen, wenn Verleiher den Branchenzuschlagstarifvertrag der Einsatzbranche anwendet. Der Branchenzuschlag ist die schrittweise Anpassung des Entgelts der Leiharbeitnehmer an die Gehälter der Stammmitarbeiter. Diese Abweichung ist unter zwei Bedingungen möglich: Zum einen, dass der Leiharbeitnehmer nach 15 Monaten in einem Unternehmen den gleichen Arbeitslohn wie Kollegen in gleichen oder gleichwertigen Positionen erhält, zum anderen, dass das Arbeitsentgelt des Leiharbeitnehmers nach sechs Wochen Einarbeitungszeit an das Vergleichsentgelt angepasst wird.

 

Tarifverträge auf dem Prüfstand

Diese Einschränkungen durch Branchenzuschlagstarife könnten demnächst auf den Prüfstand gestellt werden. Zwar gestattet die einschlägige europarechtliche Richtlinie den Mitgliedstaaten, den Sozialpartnern einzuräumen Tarifverträge zu schließen, die unter Achtung des sogenannten „Gesamtschutzes“ von Leiharbeitnehmern beim Arbeitsentgelt und den sonstigen Beschäftigungsbedingungen vom Grundsatz der Gleichbehandlung abweichen. Was genau unter Gesamtschutz zu verstehen ist, ist bislang ungeklärt.

Ende Dezember vergangenen Jahres hatte das Bundesarbeitsgericht über eine Konstellation zu entscheiden, in der ein Branchenzuschlagstarifvertrag vorlag und eine Abweichung vom Equal Pay Grundsatz ermöglichte. Die Leiharbeitnehmerin hielt den einschlägigen Tarifvertrag nicht mit Europarecht vereinbar.

Das Bundesarbeitsgericht hat daraufhin dem Europäischen Gerichtshof mehrere Fragen im Zusammenhang mit der Abweichung vom Grundsatz der Gleichstellung von Leiharbeitnehmern und Stammarbeitnehmern durch Tarifverträge zur Entscheidung vorgelegt.  Insbesondere soll er konkretisieren, wie die „Achtung des Gesamtschutzes von Leiharbeitnehmern“ zu verstehen ist. Eine Entscheidung hierüber ist bisher noch nicht ergangen.

Die Entscheidung könnte erhebliche Auswirkungen auf die Branchentarifverträge haben. Derzeit ist jedoch nicht absehbar wie der Europäische Gerichtshof sich positionieren wird und welche Anforderung er an die Gültigkeit der Tarifvereinbarungen stellen wird.

 

Weitere Informationen

 

Frau Rechtsanwältin Wiebke Schneller berät Sie im individuellen und kollektiven Arbeitsrecht. Sie war in Ihren vorherigen beruflichen Stationen zehn Jahre in einem Dax-Konzern der Automobilzulieferindustrie u.a. als Leiterin Personalbetreuung und -entwicklung sowie stellvertretende Leiterin Personal tätig. Zuletzt war Frau Schneller als Rechtsanwältin in eigener Kanzlei sowie als Legal Counsel HR in einem führenden europäischen Modeunternehmen tätig. Seit 2018 ist Frau Schneller Mitglied des Vorstandes der Rechtsanwaltskammer Bamberg.

Dieser Artikel ist in der von der IHK Würzburg Schweinfurt herausgegebenen Wirtschaft in Mainfranken, Ausgabe 10/2021 erschienen.

Rufbereitschaft kann Arbeitszeit sein!

Erstellt am: Freitag, 19. März 2021 von JHofmann

Am 09.03.2021 entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) über die Frage eines deutschen und eines slowenischen Gerichts, inwiefern Bereitschaftszeit in Form von Rufbereitschaft als Arbeitszeit oder als Ruhezeit im Sinne der Richtlinie 2003/88 einzuordnen sei.

Arbeitszeit und Ruhezeit schließen sich gegenseitig aus

 

Der EuGH erklärte, dass die Bereitschaftszeit entweder als Arbeitszeit oder als Ruhezeit einzustufen sei, sich die beiden Begriffe aber gegenseitig ausschließen würden. Arbeitszeit liege demnach immer vor, wenn der Arbeitnehmer sich an seinem Arbeitsplatz befinden muss, der nicht mit seiner Wohnung identisch ist. Hingegen handele es sich nicht immer zwangsläufig um Ruhezeit, wenn der Arbeitnehmer gerade nicht für den Arbeitgeber tätig ist.

 

Maßgebliches Kriterium: tatsächliche Einschränkung

 

Nach Ansicht des EuGH könne Bereitschaftszeit in Form von Rufbereitschaft dann als Arbeitszeit angesehen werden, wenn der Arbeitnehmer während der Rufbereitschaft objektiv ganz erheblich darin beeinträchtigt ist, sich seinen eigenen Interessen zu widmen.

Ob eine Beeinträchtigung in der Ausübung der Freizeit vorliegt, beurteile sich nach den nationalen Rechtsvorschriften, den geltenden Tarifverträgen und Vorgaben des Arbeitgebers und sei im Rahmen einer Gesamtwürdigung des Einzelfalls durch die nationalen Gerichte vorzunehmen.

Nur wenn eine Beeinträchtigung verneint werden kann, sei nur die Zeit als Arbeitszeit zu werten, in der von der Rufbereitschaft tatsächlich Gebrauch gemacht wird und die Bereitschaftszeit tatsächlich mit der erbrachten Arbeitsleistung verbunden ist.

 

Vergütungsfrage unterliegt nicht der Richtlinie 2003/88

 

Die Frage der Vergütung von Bereitschaftszeiten sei unabhängig von der Einordnung als Arbeitszeit oder Ruhezeit, da sich dies nach den nationalen Rechtsvorschriften, Tarifverträgen oder Entscheidungen des Arbeitgebers richte.

Gerne übernehmen wir für Sie eine erste Einschätzung zur Einordnung von Bereitschaftszeiten.

 

Weitere Informationen:

 

Frau Dorothea Burkard ist Rechtsanwältin bei Bendel & Partner an unserem Standort Schweinfurt. Frau Burkard berät insbesondere zum individuellen Arbeitsrecht und kollektiven Arbeitsrecht.

 

Schlechtere Bezahlung von Drittkräften im Vergleich zu Lehrkräften

Erstellt am: Freitag, 23. Oktober 2020 von JHofmann

An Bayerns Schulen werden seit einigen Jahren Drittkräfte eingesetzt, die die Lehrer und Lehrerinnen bei der Sprachförderung von Kindern aus Flüchtlingsfamilien unterstützen sollen.

 

Der für die Lehrkräfte anzuwendende Tarifvertrag gilt jedoch nicht für die Drittkräfte, weshalb diese für ihre Arbeit ein geringeres Entgelt erhalten.

Die Süddeutsche Zeitung hat zu dem Thema unter der Überschrift „Wie Lehrer, nur billiger“ einen Artikel veröffentlicht, der unter anderem im Gespräch mit unserer Rechtsanwältin für Arbeitsrecht, Frau Dorothea Burkard, entstanden ist.

Gerne beraten wir Sie zu allen Fragen des individuellen und kollektiven Arbeitsrecht.

 

Weitere Informationen

Frau Dorothea Burkard ist Rechtsanwältin bei Bendel & Partner an unserem Standort Schweinfurt. Frau Burkard berät insbesondere zum individuellen Arbeitsrecht und kollegialen Arbeitsrecht.