Archiv für die ‘Insolvenzrecht’ Kategorie

Größte Änderung des Insolvenzrechts seit 20 Jahren steht bevor

Erstellt am: Donnerstag, 5. November 2020 von JHofmann

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) hat einen Gesetzesentwurf vorgelegt, mit dem zukünftig die Sanierung von Unternehmen auch außerhalb eines gerichtlichen Insolvenzverfahrens leichter möglich sein soll. Das Gesetz soll am 01.01.2021 in Kraft treten.

Bislang gibt es keine verbindlichen rechtlichen Bestimmungen, die eine Unternehmenssanierung außerhalb eines Insolvenzverfahrens regeln. Hierfür ist das sanierungsbedürftige Unternehmen stets auf die Mitwirkung seiner Gläubiger angewiesen. Weigern sich einzelne Gläubiger an einem Sanierungskonzept mitzuwirken, bleibt häufig nur der Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. Zwar kann die Eigenverwaltung im sogenannten Schutzschirmverfahren beantragt werden, doch die Möglichkeit eines außergerichtlichen Sanierungsplans besteht bisher nicht.

 

Außergerichtliche Sanierung nach Restrukturierungsplan

Mit dem Gesetzesentwurf soll sanierungsbedürftigen, aber noch nicht insolvenzreifen Unternehmen ermöglicht werden, nach Anzeige bei Gericht einen Restrukturierungsplan zu erarbeiten und diesen den Gläubigern und Anteilseignern zur Abstimmung vorzulegen. Bemerkenswert ist, dass die Sanierung des Unternehmens nach diesem Restrukturierungsplan auch gegen den Willen einzelner Gläubiger ermöglicht werden soll. Zudem muss der Plan sich nicht auf sämtliche Verbindlichkeiten des Unternehmens beziehen. Er kann sich bei Vorliegen sachgerechter Gründe auch auf Finanzverbindlichkeiten beschränken, was für kriselnde Unternehmen mit zwar funktionierendem Geschäftsmodell, aber hohen Altlasten interessant sein kann. Ferner wird ein Restrukturierungsbeauftragter vorgesehen, der zwischen allen Beteiligten vermitteln soll.

 

Erweiterte Haftungsrisiken für Geschäftsführer und Aufsichtsorgane

Für Geschäftsleiter und Aufsichtsorgane führt der Gesetzesentwurf zu zusätzlichen Handlungspflichten und einer strengeren Haftung. Es ist vorgesehen, dass Mechanismen in den Unternehmen installiert werden müssen, um Krisen frühzeitig erkennen und im Krisenfall Gegenmaßnahmen einleiten zu können. Die Interessen der Gläubiger finden ab dem Zeitpunkt der drohenden Zahlungsunfähigkeit stärkere Berücksichtigung, was ebenfalls von den Geschäftsleitern zu berücksichtigen ist.

Wird gegen diese Verpflichtungen verstoßen, droht den Verantwortlichen eine Haftung. Auch wenn das Gesetz erst am 01.01.2021 in Kraft treten soll, muss dieser Zeitraum genutzt werden, um Haftungsrisiken zu vermeiden.

Gerne beraten Sie unsere Rechtsanwälte und Unternehmensberater bei Insolvenz- und Sanierungsfragen.

 

Weitere Informationen:

Herr Eric Steudel ist Rechtsanwalt bei Bendel & Partner an unserem Standort Würzburg. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht liegt der Schwerpunkt seiner Tätigkeit in der Insolvenz- und Sanierungsberatung. Seit 2014 wird Herr Steudel in zahlreichen Verfahren als Insolvenzverwalter und Treuhänder bestellt.

Die Bendel Insolvenzverwaltung AG und die Bendel & Partner Rechtsanwälte mbB zählen zu den führenden Beratungsunternehmen in den Bereichen Insolvenzverwaltung, Insolvenzrecht und Prozessrecht im nordbayrischen Raum.

Dieser Artikel ist in der von der IHK Würzburg Schweinfurt herausgegebenen Wirtschaft in Mainfranken, Ausgabe 11/2020 erschienen.

Wirecard – Frist zur Forderungsanmeldung läuft bis zum 26.10.2020

Erstellt am: Mittwoch, 14. Oktober 2020 von JHofmann

Mit Beschluss vom 25.08.2020 hat das Amtsgericht München das Insolvenzverfahren über das Vermögen der wirecard AG eröffnet. Die Insolvenzforderungen sind bis zum 26.10.2020 bei dem Insolvenzverwalter anzumelden.

Grundsätzlich sind Forderungen von Aktionären nachrangig. Das bedeutet, dass diese erst bedient werden, wenn zuvor alle anderen Gläubiger bedient worden sind. Allerdings besteht im vorliegenden Fall die Möglichkeit der Anmeldung als Schadensersatzforderung, welche im Rang des § 38 InsO an der Quote partizipiert und somit nicht nachrangig zu befriedigen ist.

Gerne unterstützen wir Sie bei der fristgerechten Anmeldung Ihrer Forderung und übernehmen die Vertretung Ihrer Rechte im Insolvenzverfahren der wirecard AG.

Wir weisen daraufhin, dass es sich bei der vom Amtsgericht München auf den 26.10.2020 gesetzten Frist um keine Ausschlussfrist handelt. Verstreicht diese Frist, tritt kein Rechtsverlust ein. Für die Anmeldung der Forderung ist dann allerdings eine zusätzliche Gebühr in Höhe von 20,00 € zu entrichten

 

Weitere Informationen

 

Profitieren Sie von unseren jahrzehntelangen Erfahrungen in der Abwicklung von Insolvenzverfahren, insbesondere auch von Kapitalanlagegesellschaften. Unsere erfahrenen Rechtsanwälte bieten Ihnen eine individuelle Beratung hinsichtlich Ihrer Ansprüche.

 

Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bis zum 31.12.2020 – aber nur bei Überschuldung!

Erstellt am: Freitag, 25. September 2020 von JHofmann

Die Aussetzung der Antragspflicht für Unternehmen, die infolge der COVID-19-Pandemie insolvent geworden sind und dennoch Aussichten darauf haben, sich unter Inanspruchnahme staatlicher Hilfsangebote oder auf andere Weise zu sanieren, war ursprünglich bis zum 30.09.2020 befristet.

Die Bundesregierung hat nunmehr eine beschränkte Verlängerung der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bis zum 31.12.2020 beschlossen. Diese Verlängerung gilt jedoch nur für Unternehmen, die infolge der COVID-19-Pandemie lediglich überschuldet (§ 19 InsO) sind, ohne aber zahlungsunfähig (§ 17 InsO) zu sein.

Der Grund für die lediglich beschränkte Verlängerung der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht sei damit bergründet, dass bei überschuldeten Unternehmen grundsätzlich eine höhere Chance besteht, die Insolvenz dauerhaft abzuwenden.

Das bedeutet für Sie als Geschäftsführer, dass Sie ab dem 01.10.2020 bei Vorliegen von Zahlungsunfähigkeit wieder verpflichtet sind, unverzüglich einen Insolvenzantrag zu stellen.

Gerne beraten Sie unsere Rechtsanwälte und Unternehmensberater bei Insolvenz- und Sanierungsfragen.

Weitere Informationen:

 

Die Bendel Insolvenzverwaltung AG und die Bendel & Partner Rechtsanwälte mbB zählen zu den führenden Beratungsunternehmen in den Bereichen Insolvenzverwaltung, Insolvenzrecht und Prozessrecht.

 

 

AvP Deutschland GmbH stellt Insol­venz­an­trag – Apotheken und Sanitätshäuser sollten handeln

Erstellt am: Dienstag, 22. September 2020 von JHofmann

Der von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) bei der AvP Deutschland GmbH eingesetzte Sonderbeauftragte hat beim zuständigen Amtsgericht Düsseldorf – Insolvenzgericht – einen Insolvenzeröffnungsantrag gestellt. Das AG Düsseldorf hat daraufhin am 16.09.2020 das vorläufige Insolvenzverfahren angeordnet.

Offensichtlich hat die BaFin Unregelmäßigkeiten bei dem Rezeptabrechnungsunternehmen festgestellt und ist derzeit damit beschäftigt, die genauen Umstände aufzuklären.

Von dem vorläufigen Insolvenzverfahren sind mehrere tausend Apotheken und Sanitätshäuser betroffen, die über die AvP Deutschland GmbH gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen abgerechnet haben. Für diese stellt sich nun die Frage nach möglichen Handlungsoptionen, nachdem die AvP Deutschland GmbH Zahlungen in erheblicher Höhe nicht nachgekommen ist. In Anbetracht des angeordneten vorläufigen Insolvenzverfahrens ist auch nicht damit zu rechnen, dass kurzfristig Zahlungen an die Apotheken und Sanitätshäuser geleistet werden. Der vorläufige Insolvenzverwalter muss sich zunächst einen Überblick über das Unternehmen verschaffen und hat in erster Linie zu klären, ob ein Insolvenzgrund vorliegt und eine die Kosten des Insolvenzverfahrens deckende Insolvenzmasse vorhanden ist. Zudem wird er sich bemühen, den Geschäftsbetrieb zumindest in Teilen aufrecht zu erhalten.

 

Betroffene Apotheken und Sanitätshäuser sollten jetzt handeln

 

Apotheken und Sanitätshäuser, die Leistungen des Abrechnungsdienstleisters AvP in Anspruch genommen haben, sollten prüfen, ob die aufgrund des derzeitigen Zahlungsausfalls fehlende Liquidität dazu führt, dass man eigene Zahlungspflichten nicht mehr vollständig erfüllen kann. Ergeben sich gegebenenfalls existenzgefährdende Liquiditätsengpässe ist zur Vermeidung eines etwaigen Insolvenzverfahrens schnelles Handeln gefordert. Hier können beispielsweise Überbrückungskredite helfen, die den Betroffenen bereits von verschiedenen Seiten angeboten werden.

Zum anderen ist stellt sich die Frage, ob und welche Rechte gegenüber dem (vorläufigen) Insolvenzverwalter geltend gemacht werden können und sollten. Hier wird es im Wesentlichen auf die konkrete Gestaltung der mit der AvP Deutschland GmbH geschlossenen Verträge sowie auf die Frage ankommen, ob die von der AvP vereinnahmten Gelder auf Treuhandkonten verwahrt werden, welche eine exakte Zuordnung zum jeweiligen Kunden der AvP Deutschland GmbH ermöglichen.

Nur wenn dies der Fall ist, kommt bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein sogenannter Anspruch auf Aussonderung der betroffenen Apotheker und Sanitätshäuser in Betracht, da das Treugut nicht der Insolvenzmasse zuzuordnen ist. Maßgeblich für die Frage, ob eine Aussonderung möglich ist oder die Kunden der AvP als einfache Insolvenzgläubiger auf eine etwaige  Quotenausschüttung am Ende eines Insolvenzverfahrens angewiesen sind, ist daher, ob das für eine Aussonderung erforderliche Vermögenstrennungsprinzip eingehalten ist und auch alle sonstigen Voraussetzungen einer fremdnützigen Treuhand vorliegen.

Gerne unterstützen wir Sie bei der Anmeldung und der bestmöglichen Realisierung Ihrer Forderungen und stehen Ihnen auch bei sonstigen insolvenzrechtlichen Fragestellungen zur Verfügung.

 

Weitere Informationen:

 

Herr Eric Steudel ist Rechtsanwalt bei Bendel & Partner an unserem Standort Würzburg. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht liegt der Schwerpunkt seiner Tätigkeit in der Insolvenz- und Sanierungsberatung. Seit 2014 wird Herr Steudel in zahlreichen Verfahren als Insolvenzverwalter und Treuhänder bestellt.

 

Die Bendel Insolvenzverwaltung AG und die Bendel & Partner Rechtsanwälte mbB zählen zu den führenden Beratungsunternehmen in den Bereichen Insolvenzverwaltung, Insolvenzrecht und Prozessrecht im nordbayrischen Raum.

Mögliche Haftung von Geschäftsführern in der Corona-Krise

Erstellt am: Freitag, 5. Juni 2020 von JHofmann

Aufgrund des deutlichen Rückgangs des Konsums sind die Liquidität und das Fortbestehen auch wirtschaftlich erfolgreicher Unternehmen mit zunehmender Dauer gefährdet. Vor allem Geschäftsführer und Vorstände sind dadurch erheblichen Haftungsrisiken ausgesetzt.

Zwar hat der Gesetzgeber mit dem COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz – COVInsAG bis zum 30.09.2020 die Verpflichtung zur Stellung eines Insolvenzantrages bei Corona-bedingter Insolvenzreife ausgesetzt und durch die (nahezu vollständige) Aufhebung der Zahlungsverbote eine Haftungsprivilegierungen für geschäftsführende Organe geschaffen.

Allerdings muss gerade im Zeitraum der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht sorgfältig geprüft werden, ob die Voraussetzungen des § 1 CoVinsAG vorliegen und die Antragspflicht im konkreten Fall tatsächlich ausgesetzt ist, um straf- und zivilrechtliche Konsequenzen zu vermeiden.

Um das Haftungsrisiko zu minimieren, bieten sich folgende Maßnahmen an:

> Erstellung eines Liquiditätsstatus mit Stichtag 31.12.2019
> Umfassende Dokumentation der Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf das Unternehmen
> Erhöhte Sorgfaltspflicht bei der Prüfung der Insolvenzreife kurz vor und nach Ende des Aussetzungszeitraums

Wie immer, ist bei der Weiterführung von Unternehmen in liquiditätsarmen Zeiten besondere Vorsicht geboten. Daran ändert auch das COVInsAG nichts.

 

Weitere Informationen:

Frau Anna-Maria Delotto ist Rechtsanwältin bei Bendel & Partner an unserem Standort Würzburg. Frau Delotto berät insbesondere zu allen Fragestellungen des Insolvenzrechts. Der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit liegt dabei in der Insolvenzanfechtung sowie der Gläubigervertretung in Insolvenzverfahren. Daneben berät Frau Delotto im Handels- und Gesellschaftsrecht.

In der von der IHK Würzburg Schweinfurt herausgegebenen Wirtschaft in Mainfranken, Ausgabe 06/2020 stellt Frau Rechtsanwältin Anna-Maria Delotto die Haftungsrisiken für Geschäftsführer und Vorstände dar.

In der Ausgabe 05/2020 der Wirtschaft in Mainfranken, erläuterte Herr Kornelius Klatt, Geschäftsführer der Bendel Unternehmensberatung GmbH bereits die verschiedenen Möglichkeiten, um die Liquidität auch in der aktuellen Krisensituation zu sichern.

Gerne beraten Sie unsere Rechtsanwälte und Unternehmensberater bei Insolvenz- und Sanierungsfragen.