Archiv für die ‘Mietrecht’ Kategorie

Einzelfallabwägung bei Eigenbedarfskündigung und Härtefall erforderlich

Erstellt am: Freitag, 29. Mai 2020 von JHofmann

Bei der Entscheidung über Eigenbedarfskündigungen begnügten sich die Gerichte bisher häufig mit einer schematischen Prüfung der Frage, ob der Wohnungseigentümer das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs kündigen oder ob der Mieter einwenden kann, dass dies für ihn eine unzumutbare Härte darstelle.

Der BGH hat in zwei Urteilen am 22.05.2019 (Az. VIII ZR 180/18) und am 11.12.2019 (Az. VIII ZR 144/19) klargestellt, dass im Falle einer Eigenbedarfskündigung eine Abwägung der Interessen des Vermieter und des Mieters vorzunehmen ist, die sich ausschließlich an den konkreten Umständen des Einzelfalles zu orientieren hat. In beiden Entscheidungen betont der BGH, dass bei Eigenbedarfskündigungen eine umfassende Sachverhaltsaufklärung und eine besonders sorgfältige Abwägung der Interessen beider Seiten erforderlich ist. Maßgebend für die Interessenabwägung ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in den Tatsacheninstanzen.

Dies wird zu umfangreichen Beweisaufnahmen in Prozessen zur Eigenbedarfskündigung führen, da die Gerichte zunächst mit Hilfe von Zeugenaussagen und Sachverständigengutachten die erforderlichen Feststellungen zum Vorliegen von Härtegründen seitens der Mietpartei vornehmen müssen. Im Anschluss daran sind das Erlangungsinteresse des Vermieters und das Bestandsinteresse des Mieters gegeneinander abzuwägen.

Umso wichtiger ist es, bereits frühzeitig Vorkehrungen zu treffen, damit der Sachverhalt so genau wie möglich dargestellt werden kann und keine wichtigen Informationen verloren gehen.

 

Weitere Informationen

Frau Bärbel Magers ist Rechtsanwältin bei Bendel & Partner an unserem Standort Schweinfurt. Als Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht sowie Erbrecht berät Sie insbesondere zum Miet- und Pachtrecht, Wohnungseigentumsrecht und Erbrecht. Ein weiterer Schwerpunkt ihrer Tätigkeit liegt im Immobilienrecht und Vereinsrecht.

Keine Schadensregulierung trotz Betriebsschließungsversicherung?

Erstellt am: Freitag, 3. April 2020 von JHofmann

Aktuell erkennen Versicherungen bei Betriebsschließungen infolge der Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie – trotz bestehender Betriebsschließungsversicherungen – einen versicherten Schadensfall mehrheitlich nicht an und lehnen ihre Einstandspflicht ab.

Als Folge der Anordnung des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege am 20. März 2020 (Az. Z6a-G8000-2020/122-98) waren sämtliche gastronomischen Betriebe in Bayern zu schließen. Am 22. März haben die Bundeskanzlerin und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder einen entsprechenden Beschluss gefasst. Ausnahmen bestehen nur für die Abgabe und Lieferung von mitnahmefähigen Speisen.

Insbesondere Gastronomen, aber auch zahlreiche sonstige Marktteilnehmer haben für den Fall einer angeordneten Betriebsschließung eine Betriebsschließungsversicherung abgeschlossen. Grundsätzlich soll eine solche Betriebsschließungsversicherung den Betrieb gegen die Auswirkungen einer nach dem Infektionsschutzgesetz meldepflichtigen Krankheit absichern.

In der aktuellen Situation verweigert jedoch die Mehrheit der Versicherungen die Zahlung mit dem Argument, dass in den jeweiligen Versicherungsbedingungen alle versicherten Krankheiten und Krankheitserreger wie beispielsweise Masern, Mumps, Tollwut oder die Pest einzeln und angeblich abschließend aufgeführt seien. Das Corona-Virus taucht als neuartiger Krankheitserreger in den Versicherungsbedingungen bisher jedoch nicht auf. Zudem sollen allgemeine und zum Teil überregionale Anordnungen von Betriebsschließungen, etwa der Landesregierung, nicht ausreichen.

Unsere Erfahrung aus der Vertretung zahlreicher Gastronomen, vom Gasthaus bis zur Systemgastronomie zeigt, dass die Versicherungen die Anträge offenbar bewusst zunächst ablehnen. Gerade in der aktuellen Krisensituation kann sich nicht jeder Versicherte einen jahrelangen Prozess leisten. Und bei hartnäckigen Kandidaten könnten die Versicherungen immer noch einen außergerichtlichen Vergleich aushandeln. Die Betriebe benötigen jedoch gerade in der aktuellen Situation das Geld, um Rechnungen und Gehälter zu bezahlen. Je länger sich die Verhandlungen mit den Versicherungen hinziehen, desto größer wird die Gefahr einer Insolvenz.

„Ich vermute, das ist eine stille Kalkulation“, sagt Rechtsanwalt Dr. Jörg Hofmann, Partner unserer Kanzlei. Aufgrund der Vielzahl unterschiedlicher Versicherer und der individuellen Ausgestaltung der Versicherungsbedingungen gilt es jedoch auch in diesem Fall, etwaige Ansprüche immer einzelfallbezogen zu prüfen.

Die Main-Post hat zu dem Thema „Betriebe in der Corona-Krise: Versicherungen spielen auf Zeit“ einen Artikel veröffentlicht, der unter anderem im Gespräch mit Herrn Dr. Jörg Hofmann, Partner und Rechtsanwalt bei Bendel & Partner Rechtsanwälte mbB entstanden ist.

Gerne prüfen wir Ihren Versicherungsvertrag und unterstützen Sie bei rechtssicheren Anmeldung Ihrer Ansprüche.

 

Wieso jetzt noch Miete zahlen?

Erstellt am: Mittwoch, 1. April 2020 von JHofmann

Als Reaktion auf das am 27. März 2020 vom Bundestag beschlossene Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie haben einzelne Mieter – insbesondere Unternehmen – bereits angekündigt, ihre Mietzahlungen einzustellen.

Das Gesetz sieht u.a. vor, dass allein ein Zahlungsverzug des Mieters im Zeitraum vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020, der auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht, den Vermieter nicht zur Kündigung des Vertragsverhältnisses berechtigt.

Man könnte daher annehmen, dass der Mieter vorübergehend von seiner Mietzahlungspflicht befreit wird.

Hierbei handelt es sich jedoch um einen Fehlschluss.

Der Gesetzgeber hat lediglich temporäre Beschränkungen der Kündigung von Miet- und Pachtverhältnissen vorgenommen.

Viele Betriebe und Gaststätten mussten bzw. müssen aufgrund von behördlich angeordneten Schließungen erhebliche Einnahmeeinbußen hinnehmen und können infolgedessen laufende Posten wie Mietzahlungen nicht mehr im selben Maße begleichen wie vor der Krise. Dies gilt entsprechend für Privatpersonen, die ihren Lebensunterhalt überwiegend aus dem Betrieb dieser Einrichtungen und Unternehmen bestreiten oder deren Einnahmen (z.B. Servicekräfte) davon abhängig sind.

Ein wichtiger Grund, der den Vermieter zur außerordentlichen Kündigung berechtigt, liegt – nach der bislang geltenden Rechtslage – bereits dann vor, wenn der Mieter für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist oder in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht.

Hiervor wollte der Gesetzgeber den Mieter schützen.

Daher verlangt das neue Gesetz auch, dass der Mieter den Zusammenhang zwischen der Nichtleistung und der COVID-19-Pandemie glaubhaft machen muss.

Was unter der Glaubhaftmachung zu verstehen ist, erläutert der Gesetzgeber wie folgt:

Der Mieter muss im Streitfall „Tatsachen darlegen, aus denen sich eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür ergibt, dass seine Nichtleistung auf der COVID-19-Pandemie beruht. Zur Glaubhaftmachung kann sich der Mieter entsprechender Nachweise, einer Versicherung an Eides Statt oder sonst geeigneter Mittel bedienen. Geeignete Mittel können insbesondere der Nachweis der Antragstellung beziehungsweise die Bescheinigung über die Gewährung staatlicher Leistungen, Bescheinigungen des Arbeitsgebers oder andere Nachweise über das Einkommen beziehungsweise über den Verdienstausfall sein. Mieter von Gewerbeimmobilien können darüber hinaus den Zusammenhang zwischen COVID-19-Pandemie und Nichtleistung zum Beispiel regelmäßig mit Hinweis darauf glaubhaft machen, dass der Betrieb ihres Unternehmens im Rahmen der Bekämpfung des SARS-CoV-2-Virus durch Rechtsverordnung oder behördliche Verfügung untersagt oder erheblich eingeschränkt worden ist. Dies betrifft derzeit etwa Gaststätten oder Hotels, deren Betrieb zumindest für touristische Zwecke in vielen Bundesländern untersagt ist.“

Es muss demnach ein spezifischer Zusammenhang in dem Sinne bestehen, dass gerade die durch COVID-19 ausgelösten Einnahmeausfälle dazu führen, dass die Miete nicht rechtzeitig gezahlt werden kann. Hat z.B. der Betreiber einer Gaststätte Rücklagen gebildet, sind diese grundsätzlich zur Zahlung der Miete zu verwenden.

Weitere Erleichterungen oder Rechte des Mieters sind im neuen Gesetz nicht vorgesehen und können sich folglich nur aus individuellen Absprachen oder den gesetzlichen Bestimmungen ergeben.

Denkbar ist es z. B., eine Anpassung des Vertrages über die Grundsätze des Wegfalls bzw. der Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) durchzusetzen – wobei Einzelheiten anhand der konkreten vertraglichen Lage zu prüfen wären.

Gerne unterstützen wir Sie bei allen mietrechtlichen Fragen.

 

Weitere Informationen:

 

Frau Daniele Eck ist Rechtsanwältin bei Bendel & Partner an unserem Standort Schweinfurt. Frau Eck berät insbesondere zum Miet- und Pachtrecht, Wohnungseigentumsrecht und Maklerrecht. Ein weiterer Schwerpunkt ihrer Tätigkeit liegt im Vertriebsrecht.

 

Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie verabschiedet

Erstellt am: Dienstag, 31. März 2020 von JHofmann

Ziel des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht ist es, den negativen Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf Unternehmen und Privatpersonen zu begegnen.

Auf Beschlussempfehlung (BT-Drs. 19/18129) und Bericht (BT-Drs. 19/18158) des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz wurde das Gesetz (BT-Drs. 19/18110) am 25. März 2020 vom Bundestag verabschiedet. Der Bundesrat hat das Gesetz am 27. März 2020 gebilligt.

Das Gesetz wurde nunmehr in der Fassung der Bekanntmachung vom 27.03.2020 (BGBl. I S. 569) im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.

Die das Insolvenzrecht betreffenden Änderungen treten rückwirkend zum 01.03.2020 in Kraft. Zum 01.04.2020 treten die Änderungen im Zivilrecht – einschließlich des Miet- und Darlehensrechts – in Kraft. Die Änderungen im Gesellschaftsrecht und Strafverfahrensrecht hingegen sind bereits am Tag nach der Verkündung des Gesetzes, folglich am 28.03.2020, in Kraft getreten.

Unter den folgenden Links finden Sie weitere Informationen zu den Maßnahmen des Bundesministeriums für Finanzen, des Bundesministeriums der Justiz und des Verbraucherschutzes sowie zu aktuellen Fragen zum Umgangsrecht und Mietschulden als Folge der Corona-Pandemie.

Gerne prüfen wir für Sie die bestehenden Handlungsoptionen und unterstützen Sie bei einer erforderlichen Anpassung Ihres Vertrages und der Durchsetzung bzw. Abwehr etwaiger Ansprüche.

Mietschulden als Folge der Corona-Pandemie

Erstellt am: Freitag, 27. März 2020 von JHofmann

Die Ausbreitung des Coronavirus hat in den vergangenen Wochen zu erheblichen Einschränkungen in allen Lebensbereichen geführt. Schulen und Kindertageseinrichtungen wurden geschlossen, Veranstaltungen abgesagt und zuletzt das Gastronomie- und Gaststättengewerbe weitestgehend untersagt bzw. eingeschränkt.

Der Gesetzgeber hat auf diesen Ausnahmezustand, der bei den betroffenen Privatpersonen und Betrieben zu enormen finanziellen Einbußen führt, reagiert und durch das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie weitreichende Änderungen in unterschiedlichen Rechtsgebieten beschlossen.

Für Mietverhältnisse sieht das Gesetz vor, dass Mietern, die im Zeitraum vom 1. April bis 30. Juni 2020 den vereinbarten Mietzins trotz Fälligkeit nicht leisten, aus diesem Grund nicht gekündigt werden kann, sofern der Zahlungsrückstand auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht. Der Mieter hat dies im Falle einer Kündigung z. B. durch die Vorlage von Bescheinigungen über die Gewährung staatlicher Leistungen oder den Verweis auf behördliche Maßnahmen, welche den Geschäftsbetrieb einschränken, glaubhaft zu machen.

Die Mietzahlungspflicht als solche bleibt jedoch bestehen und ist vom Vermieter auch durchsetzbar. Lediglich eine Kündigung aufgrund von Zahlungsrückständen, die auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruhen, wird vorübergehend (bis zum Juni 2022) ausgeschlossen. Dies gilt entsprechend auch für Pachtverhältnisse.

Weitere „Erleichterungen“ z. B. im Hinblick auf etwaige Verzugszinsen oder vereinbarte Betriebspflichten oder Ansprüche des Mieters / Pächters sind im Gesetz nicht vorgesehen. Diese können sich nur aus individuellen Absprachen oder den gesetzlichen Bestimmungen ergeben.

Gerne prüfen wir für Sie – ausgehend von Ihren vertraglichen Vereinbarungen – die bestehenden Handlungsoptionen und unterstützen Sie bei einer erforderlichen Anpassung Ihres Miet- oder Pachtvertrages und der Durchsetzung bzw. Abwehr etwaiger Ansprüche.

 

Weitere Informationen

Herr Ulrich Schnapp ist Rechtsanwalt bei Bendel & Partner an unserem Standort in Schweinfurt. Er berät insbesondere in allen Fragen zum Vertriebsrecht sowie zum Miet- und Pachtrecht. Ein weiterer Schwerpunkt seiner Tätigkeit liegt im Medizinrecht.